© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/99 12. März 1999


Kolumne:
Volkes Wille
von Klaus Hornung

Als die CDU im Januar ihre Unterschriftenaktion gegen die generelle doppelte Staatsbürgerschaft begann, fauchte Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin aus Tübingen ihr "Unanständig" in die Welt. Und als das Volk in Hessen dann gegen den rot-grünen Versuch, sich durch Staatsbürgerschaft und Wahlrecht ein anderes, genehmes Volk zuzulegen, seinen Willen kundgab, setzte Innenminister Otto Schily in der Christiansen-Runde die Schimpfkanonade fort: "Zynisch", "bösartig". Es begann sich herumzusprechen, wer nun wirklich unanständig und bösartig ist.

Allerdings: Rot-Grün hatte vor der Wahl mit einiger Deutlichkeit angekündigt, was man im Besitz der Staatsmacht hinsichtlich Staatsbürgerschaft zu tun gedenke. Doch von dem Trieb erfüllt, "den Dicken endlich wegzukriegen" und betört von den Stückchen des neuen Staatsschauspielers aus Hannover, hatte das Wählervolk vielfach weggehört. Im vorigen Herbst fühlte man sich an die Parole Wilhelms II. vor hundert Jahren erinnert: "Herrlichen Zeiten führe ich Euch entgegen. Schwarzseher dulden wir nicht. Volldampf voraus!" Zudem tat damals die CDU-Führung alles, das Ausländerthema – gegen den Willen der eigenen Basis – von der Wahlagenda zu verbannen und fuhr damit die Partei prompt gegen den Baum.

Nun hat sie sich – nach einigen Turbulenzen und nicht ohne den Antrieb aus München – darauf besonnen, das Ausländer-Thema doch auf die Tagesordnung des Jahres 1998 zu setzen, und siehe da: Der Testfall in Hessen war erfolgreich und die Partei ist nach zwei Jahren erstmals wieder im demoskopischen Aufwind.

Was ich seit Jahren predige, hat sich als richtig herausgestellt: Wer sich ängstlich und naiv den Parolen des Gegners anpaßt und dessen Semantik übernimmt, etwa mit der Formel "Wer gegen die doppelte Staatsbürgerschaft ist, besorgt die Geschäfte der ‘rechten Rattenfänger’", der verliert, zuerst sein Profil und dann die Wahlen. Wer aber dem Volk aufs Maul schaut und seinen deutlichen Willen respektiert, liegt richtig und hat Erfolg. Ob die Führungsetagen der CDU das endlich lernen?

Nur ohne die Unterwerfung unter den volksfernen und mediengefertigten "Zeitgeist" und ohne den Grauschleier der Sozialdemokratisierung hat die CDU eine Zukunft, wird sie wieder Wahlen gewinnen und wieder jene wahre Volkspartei werden, als die sie in den Zeiten Konrad Adenauers die stärkste politische Kraft im Lande war.


 
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