© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/99 05. März 1999


Zum dritten Mal
von Hermann Kreutzer

Der Sozialismus ist ja so etwas Schönes. So sprangen die Linken in der SPD auf jede Verheißung des Sozialismus, die ihnen die Kommunisten anboten. Das war so 1946 bei der sogenannten Zwangsvereinigung zwischen SPD und KPD zur SED. "Einheit der Arbeiterklasse" und "Gemeinsamer Aufbau des Sozialismus", das waren die Essenzen, mit denen die Kommunisten die sozialistisch gesonnenen Funktionäre der SPD trunken vor Hoffnungsfreude machten. Da der Widerstand gegen die Vereinigung unter den SPD-Funktionären nur schwach ausgeprägt war, stolperte die große Mehrheit der Funktionäre der damals noch unfertigen SPD in der sowetischen Zone in das Prokrustesbett der Kommunisten und trug ihren Teil zum Aufbau einer totalitären Diktatur der sowjetischen SED bei.

Dann kam die neue Verheißung in den 70er und 80er Jahren im Westen Deutschlands. Zu Hauf rannte man zu den großen und kleinen Honeckers nach Ost-Berlin und beteuerte die Anerkennung der DDR und die Ablehnung der NATO. Die Bewahrung der Freiheit spielte keine Rolle. Man wollte ja sowieso eine andere als die westliche, eben eine sozialistische Freiheit. Und was die politischen Häftlinge anging, die für die SPD Freiheit und Leben hingegeben hatten, man erwähnte sie einfach nicht mehr. So einfach ist das bei den Linken. Als das sozialistische Jammergebäude dann zusammenbrach, war man zunächst sprachlos und erinnerte sich nicht mehr an das sozialistische Zusammensein von Erich und Oskar im Saarland.

Im wiedervereinigten Deutschland mußte man zunächst noch Rücksicht nehmen auf die Gründer der SPD im Osten, die mit der PDS nichts am Hut hatten. Aber da war ja der Höppner aus Sachsen-Anhalt, der sich von den alten Genossen der SED, jetzt umgewandelt in PDS, "tolerieren" ließ. Schließlich brach der Rammbock von Mecklenburg, der Ringstorff, mit seiner Koalition SPD/PDS die gegnerische Front auf. Jetzt war der Boden für den Lafontaine und seine Linken für die ersten roten Nelken einer sozialistischen Renaissance bereitet. Taktik und Strategie sind nun gefragt. Taktisch geht es darum, die durch die zerbröselnden Grünen gefährdete Regierungsmacht durch rechtzeitige Unterstützung von Seiten der PDS aufzufangen und die PDS politisch salonfähig zu machen. Strategisch geht es um die umfassende Einheit der sozialistischen Linken. Die Rücksicht auf die von der SED Verfolgten und die politische Moral bleiben auf der Strecke. Es ist das dritte Mal in diesem Jahrhundert, daß die Linken dabei sind, des Sozialismus wegen die Freiheit zu verraten.


 
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