© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/99 19. Februar 1999


Kino: Nora Ephrons "E-m@il für Dich" ist ein harmloser Filmspaß
Schlaflos am Computer
Thorsten Thaler

Die Attribute "niedlich", "süß" und "bezaubernd" hängen ihr mittlerweile zum Hals heraus, doch abschütteln kann Meg Ryan sie auch nicht. Allzu- sehr haften Kassenschlager wie "Harry und Sally" (1989) oder "Schlaflos in Seattle" (1993) im Gedächtnis der Kinogänger, als daß die 37jährige Schauspielerin ihrem Image als "Königin der romantischen Komödie" (Focus) entfliehen könnte. Und auch ihr neuester Streifen "E-m@il für Dich", der seit einer Woche in den Kinos läuft, wird diesen Ruf weiter festigen.

In dem Film von Nora Ephron, die auch schon bei "Schlaflos in Seattle" Regie führte, spielt Meg Ryan die Buchhändlerin Kathleen Kelly, Besitzerin des alteingesessenen Kinderbuchladens "Shop Around The Corner", dessen Existenz durch die Neueröffnung einer Filiale einer großen Buchhandelskette in unmittelbarer Nachbarschaft bedroht ist. Chef des erfolgreichen Billiganbieters ist Joe Fox (Tom Hanks), ein smarter Yuppie-Verschnitt, der mit der ewig gestreßten Buchverlegerin Patricia Eden (Parker Posey) und seinem Hund Brinkley scheinbar zufrieden zusammenlebt. Ebenso scheinbar zufrieden, wie Kathleen Kelly in ihrer Beziehung mit dem Zeitungsjournalisten Frank Navasky (Greg Kinnear) ist.

Wie der Zufall es will, treffen sich Kelly und Fox in einem Chatroom des Internet und schreiben sich fortan unter den Pseudonymen "Shopgirl" und "NY 152" e-mails. Sie plaudern über Dies und Das und Jenes, nur ihre wahre Identität verbergen sie voreinander, und langsam entwickelt sich aus der Internet-Freundschaft eine gegenseitige Zuneigung. Währenddessen eröffnet die Fox-Kette ihre neue Filiale, und schon in der ersten Woche geht der Umsatz in Kellys Geschäft drastisch zurück. Als die Extistenz des Kinderbuchladens auf dem Spiel steht, vertraut sie sich ihrem anonymen Internet-Partner "NY 152" an und bittet um Rat. Ohne zu wissen, um welche Art von Geschäft es sich handelt, empfiehlt ihr Joe Fox, die Herausforderung anzunehmen. Kellys Freund schreibt daraufhin für die Zeitung eine flammende Anklageschrift gegen den Verdrängungskapitalismus der Fox-Kette, das Fernsehen springt auf das Thema an, und ein kleines Häuflein von Demonstranten belagert die neue Fox-Filiale. Doch es hilft alles nichts, Kathleen Kelly muß ihren Laden schließen.

In der Zwischenzeit sind sich Joe und Kathleen zwar auch persönlich begegnet, versuchen aber tunlichst, sich aus dem Weg zu gehen. Daß ihr Gegenüber der gesichtslose Internet-Partner ist, wissen sie zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht. Erst nach weiteren Verwicklungen, einer verpatzten Verabredung und der Trennung von ihren jeweiligen Lebensgefährten steuern die beiden auf das vorhersehbare Ende der Geschichte zu.

"E-m@il für Dich" ist ein harmloser, vergnüglicher Filmspaß, frei von jeder Spannung, Action oder knisternden Erotik und ohne jede Form von Tiefgründigkeit. Selbst Meg Ryan gibt sich über die Figuren keinen Illusionen hin. "Die Charaktere sind so leicht, daß du fürchtest, sie könnten sich in Luft auflösen", erklärt sie in der Programmzeitschrift TV Movie. Trotzig fügt sie allerdings hinzu: "Kino muß nicht intellektuell sein." Recht hat sie.


 
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