© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/99 29. Januar 1999


Kampf der Familien
von Klaus Gröbig

Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes; sie genießen Verfassungsrang. Nur leider können sich die Familien dafür nichts kaufen, denn die Politik dieses Landes ist in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich immer familienfeindlich gewesen. Bereits 1957 mußte das Bundesverfassungsgericht per Gerichtsbeschluß das Ehegattensplitting durchsetzen, um eine Benachteiligung von Familien zu vermeiden. Eben dieses Ehegattensplitting haben einige Sozialpolitiker als finanzielle Verschiebemasse zur Erfüllung der jüngsten Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes entdeckt.

Sicher gab es auch einen Minister Würmeling, der für kinderreiche Familien Freifahrten mit der Bundesbahn durchsetzte. Aber die Freifahrten gibt es nicht mehr, und Würmeling kennt heute keiner mehr. Die Politiker kümmern sich lieber um lautstarke und gut organisierte Klienten, die ihnen Wahlerfolge versprechen, als um die Familien und ihre Kinder. Die Sozialdemokraten, die jetzt mit dem Finger auf die CDU zeigen, haben es 1975 immerhin geschafft, den steuerlichen Freibetrag für Kinder abzuschaffen. Immer wieder mußte das Bundesverfassungsgericht zugunsten der Familien eingreifen. 1982 verurteilte es den Staat dazu, Kinderbetreuungskosten bei alleinerziehenden Eltern steuermindernd zu berücksichtigen – warum eigentlich nicht bei allen Familien, möchte man an dieser Stelle fragen. Immerhin regierte die CDU, die Ehe und Familie im Wahlprogramm kultiviert. Aber nichts da! Erst 17 Jahre später sprach das Verfassungsgericht den Verheirateten steuerrechtlich die gleichen Rechte wie Alleinerziehenden zu.

Soweit ist alles klar, denn auch die finanziellen Aufwendungen hat das Verfassungsgericht der Höhe nach festgelegt. Trotzdem meint SPD-Familienministerin Bergmann vorsichtig, es sei zu früh, um Aussagen über die Umsetzung zu machen. Die Bündnisgrünen hingegen glauben, es sei nun an der Zeit, einen neuen Schlag gegen die Familie zu führen, und fordern die Abschaffung des Ehegattensplitting sowie eine Erhöhung des Kindergeldes. Das erste wäre verfassungsfeindlich, das zweite zwar sehr nett gemeint, hat aber mit der Umsetzung des Urteils nicht zu tun.

Nein, die Familien müssen so gefördert werden, wie es ihnen zukommt. Oder es gelingt ihnen, sich zu organisieren, so daß sie in der Lage sind, echten politischen Druck auszuüben. Einstweilen wäre den Familien damit gedient, Familienministerin Bergmann würde sich intensiver mit der zukunftsträchtigsten Aufgabe ihres Amtes beschäftigen: der Familienpolitik.

 

Klaus Gröbig ist Bezirksvorsitzender der FDP in Berlin-Tempelhof, Sozialexperte und verheirateter Vater von vier Kindern.


 
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