© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/99 15. Januar 1999


Willem Frederik Duisenberg
Der Hüter des Euro
von Klaus Grams

Nicht erst mit der Einführung des Euro ist Willem Frederik Duisenberg zu einem der wichtigsten Männer in der Geld- und Finanzwelt Europas geworden. Hervorgehoben waren auch die Stellungen und Leistungen vorher. Der Lebenslauf des am 9. Juli 1935 in Heereveen geborenen königstreuen Niederländers weist den kontinuierlichen Aufstieg eines ebenso kühl und kalkuliert wie beherrscht wirkenden Mannes.

Schon zwischen 1982 und 1997, als Präsident im Direktorium der Niederländischen Staatsbank (De Nederlandsche Bank) legte er Wert auf Zinsentscheidungen, welche die Stabilität der niederländischen Währung, des Gulden, zum Ziel hatten. Er war Verfechter einer Konsolidierungspolitik der öffentlichen Haushalte, um die Konvergenz der europäischen Währungen, wie im Maastrichter Vertrag festgelegt, auch erreichen zu können. Nicht zuletzt das fiel der Bundesregierung auf, die sich zum Fürsprecher des sachlichen Bankers machte, um ihn auf den Chefsessel der Europäischen Zentralbank zu hieven, was auch gelang – gegen den Widerstand der Franzosen. Seine Ausbildung weist Duisenberg als Wirtschaftler mit speziellen Kenntnissen der internationalen Wirtschaftlichen Beziehungen aus.

Nach seinem Abitur 1954 erlangte er das Wirtschaftsdiplom an der Universität von Groningen 1961 und promovierte 1965 mit eine Theorie über die wirtschaftlichen Konsequenzen der Abrüstung. Unmittelbar danach avancierte er zum Mitglied im Stab des Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund) in Washington, D.C. Seinen wissenschaftlichen Sachverstand für die internationalen ökonomischen Zusammenhänge bewies er als Professor für Markroökonomie an der Universität von Amsterdam zwischen 1970 und 1973. Als Finanzminister der Niederlande konnte er seine theoretischen Überlegungen zur Geld- und Wirtschaftspolitik praktisch umsetzen, was die ökonomische Situation des kleinen Nachbarn Deutschlands bis zum heutigen Tag relativ verbessern sollte.

Dies prädestiniert einen Mann für eine Aufgabe, die in Europa jetzt zu denen mit der meisten Machtfülle gehört. Und dessen scheint sich der in seiner Haltung konsequente Träger und Ritter verschiedenster Orden, so des Schwedischen Ordens des "Star of the North", des Ordens der französischen Ehrenlegion oder des Ordens der belgischen Krone, auch bewußt zu sein. Denn freiwillig scheint er nach vier Jahren, also der Hälfte seiner Amtszeit, den Stuhl als oberster Währungshüter in Europa nicht räumen zu wollen. Duisenberg, der für die Unabhänigkeit der europäischen Zentralbank von politischen Entscheidungen eintritt, beweist hierin Instinkt.


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