© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    52 u. 53/98  18. Dezember / 25. Dezember 1998

 
 
Kino: "Zauberhafte Schwestern" mit Sandra Bullock und Nicole Kidman
Der verhängnisvolle Fluch
Ellen Kositza

Eine großartige Eingangsszene: Neuengland im 17. Jahrhundert: Die wunderschöne, wilde Hexe Maria Owens (Caprice Benedetti) steht vor ihren Henkern, das Dorfvolk bildet ein neugieriges Publikum. Gehässig und neidisch die Blicke der Frauen, ein wenig wehmütig und geil die der Männer. Und dann reißt der Strick, an dem Maria baumeln sollte. Die Frau flieht auf eine wellenumtoste Insel, in der Hoffnung, der Vater ihres ungeborenen Kindes würde sie dort aufsuchen – doch vergebens. Verbittert spricht Maria einen verhängnisvollen Fluch aus: Jeder Mann, der sich in eine Owens verliebt, muß eines vorzeitigen Todes sterben.

Dem alten Hexengeschlecht ihrer Urahnin Maria entstammen Sally (Sandra Bullock) und Gillian (Nicole Kidman). Im Haus ihrer Tanten mit Zaubersprüchen und Hexeneinmaleins aufgewachsen, entwickeln sich die Geschwister sehr gegensätzlich: Während Sally sich nach einem bodenständigen Leben mit Mann und Kindern sehnt, kostet Gillian ihre magische Anziehungskraft auf Männer voll aus. Die biedere Sally gründet tatsächlich eine Familie, und nachdem ihre Schwester jahrelang von Party zu Party geflippt ist, verliert sie ihr Herz ausgerechnet an den nichtsnutzigen, brutalen Trinker Jimmy (Goran Visnjic). Hilfesuchend und mit zerbeultem Gesicht wendet sie sich an ihre Schwester – und der Zauber nimmt seinen Anfang.

Als Romangrundlage für diese Geschichte diente Alice Hoffmanns Bestseller "Im Hexenhaus", in dem es nur so von phantastischen Einfällen wimmelt – eine vielversprechende Basis also für einen guten Film, vielleicht über Frauensolidarität, über transzendente Sinnlichkeit. Nun ist der Film aber leider ein Hollywood-Machwerk mit zwei Bravo-Stars in den Hauptrollen, eine bedauerliche Tatsache, der schon durch den ziemlich lächerlichen deutschen Filmtitel Rechnung getragen wird. Schmalspur-Pathos und Kitsch lauern somit in jeder Sequenz. Wo deutsche Publikationen zur neuheidnischen Hexen-Thematik in pseudofeministisches Selbstfindungspathos abzugleiten drohen, steht in der entsprechenden US-Szene, und damit notwendig in einer populären Verfilmung, der sichtbare Effekt der "Hexerei", das Simsalabim und Abrakadabra gewissermaßen, im Vordergrund. Auf schwarze Katzen, dicke Zauberbücher, Kröten und Geisterspuk hätte zugunsten einer diffuseren und zugleich mystischeren Zeichnung von Personen und Handlung verzichtet werden können; das Ganze wäre ohne Bibi-Blocksberg-Touch nicht weniger unterhaltsam gewesen. Wenn die Frauenhexenrunde besoffen und "oh yeah"-piepsend um den Küchentisch hoppelt, dann ist das nun einmal eine eher unangenehme Angelegenheit.

Vermeidbar, so möchte man glauben, wären sicher auch diese für den amerikanischen Film allgemein so konstituierenden Szenen, in denen sowohl seliger Gefühlsüberschwang als auch etwa das rührende Herabrieseln seidiger Baumblüten von einer lautstark aufbrausenden Orchesterwallung untermalt werden muß.

Je länger der Film dauert, bis hin zum langgezogenen Ende, desto weniger verzaubern die Schwestern. Und dennoch: ein netter Film, der leider sein weitaus größeres Potential nicht nutzt.


 
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