© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/98  04. Dezember 1998

 
 
Kolumne:
Deeskalation
von Hans Helmut Knütter

Kürzlich organisierte die NPD in Bonn eine Demonstration gegen die Anti-Wehrmachtsausstellung. Prompt gab es Krawalle, linke Kriminelle verübten mehrere schwere Körperverletzungen. Mehrere grüne Politiker, an der Spitze der Fraktionssprecher im NRW-Landtag, Roland Appel, und der Landesminister Michael Vesper griffen persönlich zugunsten der Krawallmacher ein und bewirkten durch massiven Druck, daß der Staatsanwalt die von der Polizei eingekesselten Kriminellen vor der Personalienfeststellung freiließ. So etwas nennt man in diesem Lande "Deeskalation".

Die erhabene Begründung lautet, Spannungen sollen vermieden werden. Tatsächlich handelt es sich um einen Weichmacher des Rechtsstaats. Man nimmt es mit Recht und Gesetz nicht so genau. Da bei der SPD, den Jusos, den Grünen, aber auch in der CDU zahlreiche Sympathisanten des linksextremistischen Antifaschismus vorhanden sind, drückt man das linke Auge zu. "Straftaten werden konsequent geahndet" – von wegen! Hat man schon davon gehört, daß SPD-Landräte, die gegen die Castor-Transporte gerichtete Gewalttaten billigend in Kauf genommen haben, zur Rechenschaft gezogen wurden? Wieviele Schienen-Attentäter sind wegen Transportgefährdung gefaßt und verurteilt worden? Ein bedeutender "Deeskalierer" war der seinerzeitige Bonner Polizeipräsident Michael Kniesel, ein Liebling der Antifa. Gegen ihn wurden wegen Versagens bei den linken Krawallen gegen den Bundestag im Juni 1993 anläßlich der Asyldebatte mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet. Kniesel rechtfertigte sich, es sei ihm um "Deeskalation" gegangen.

Aber der Rechten gegenüber gilt die Deeskalation nicht. Hier wird eskaliert. Die Osnabrücker Zeitung spricht von "verbrecherischen Zielen" der Bundeswehrsoldaten die als rechts gelten. Die CDU-nahe Kölner Rundschau hetzt gegen ehemalige Generäle, die ihr Grundrecht auf freie Meiungsäußerung im patriotischen Sinne ausgeübt haben. Jene Herrschaften glauben, sich diese Eskalation leisten zu können. Borniert vertrauen sie darauf, daß für die Rechten Staat und Gesetz hohe Werte sind und daß trotz allem dem Establishment Loyalität entgegengebracht wird.

Es gibt allerdings eine Grenze, jenseits derer Loyalität Dummheit, ja schlimmer: ein Verbrechen wird. Was folgt daraus? Es gilt, durch Aufklärung den linken Gegner zu entlarven und die nächste Wende unserer wendereichen Zeit vorzubereiten. Es ist die allerbilligste Pfennigweisheit, daß dies nur gelingen wird, wenn Uneinigkeit und Zersplitterung überwunden werden. Die Rechten haben sich bisher gegenseitig heftiger bekämpft als den gemeinsamen Feind. Hier ist Deeskalation angebracht! Hier ist sie sinnvoll und nötig.


 
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