© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/98  23. Oktober 1998

 
 
Oper: McNallys "Meisterklasse" in der Kölner Oper
Die Tragik der Maria Callas
Julia Poser

Nur dreizehn Jahre des Ruhms waren der Primadonna Assoluta vergönnt, aber in dieser Zeit wurde Maria Callas zum sängerischen Mythos unseres Jahrhunderts. Es hat vor ihr wie auch in ihrer Glanzzeit "schönere" Stimme gegeben, weichere, seidigere, aber nur die Callas besaß ein sofort wiedererkennbares Timbre. Über drei Oktaven reichte ihre metallisch gefärbte, voluminöse Stimme, die sie wie keine andere dem Charakter der Partie anzupassen verstand. Sie sang hohen Koloratursopran ebenso leicht wie dunkel verschatteten, oft tragischen Mezzo.

Die 1923 in New York geborene Griechin Cecilia Sophia Anna Maria Kalogeropoulos kam als 14jährige mit Mutter und Schwester nach Athen. Ungeliebt, dick, mit Minderwertigkeitskomplexen beladen, nägelkauend, kurzsichtig und schlecht angezogen, fand sie in Elvira de Hidalgo eine verständnisvolle Gesangslehrerin, die sich des wie besessen arbeitenden häßlichen Entleins annahm. Der Weg zum Ruhm war lang und steinig, denn das Publikum empfand ihre Stimme als zu wild und zu fremdartig. 1947 ermöglichte ihr der Dirigent Tullio Serafin einen Auftritt in der Arena von Verona. Es folgten Gastspiele in Mexiko und Südamerika. Nach vier Jahren hatte sie sich durchgesetzt. Mit beispielhafter Disziplin hungerte sie sich von ihrem Zweizentnergewicht herunter und lernte sich anzuziehen. Aus dem häßlichen Entlein war ein Schwan geworden.

Ihre Tragödie begann mit ihrem Verhältnis zu Onassis, der zwar die berühmteste Frau der Welt seinem glitzernden Jetset vorführen wollte, wobei sie aber seinen Ruhm nicht verdunkeln durfte. Als Onassis sie verließ, war ihre Glanzzeit vorbei. 1965 sang sie in London ihre letzte Tosca, schon mit 44 Jahren endete ihre kurze, aber stürmisch umjubelte Karriere. Es folgten 12 Jahre des Scheiterns und der Verzweiflung bis zu ihrem frühen Tod 1977.

Im Jahr 1971 gab Maria Callas an der New Yorker Juilliard School einige Meisterklassen für begabte Gesangsschüler, konzentriert auf sängerische Darstellung, Ausdruck und Stil. Diese Periode im Leben der Diva beschreibt Terrence McNally in seinem Stück "Meisterklasse". Darin gibt die Schauspielerin Barbara Petritsch einen tiefen Einblick in das Seelenleben der Sängerin. Ironisch spricht sie über Tenöre, bissig über Rivalinnen. Streng ist sie gegenüber den Schülern, wenn es um die Wahrhaftigkeit der Gestaltung geht.

Am Beispiel dreier junger Sänger, welchen großes Lob gebührt, läßt sie das Publikum noch einmal an ihrem Leben und ihren Partien teilhaben. Zwischen Spott und Ernst bricht immer wieder die Verzweiflung der verlassenen Frau durch, deren Kampfgeist gebrochen ist. Barbara Petritsch gelang es glänzend, die vielfältigen Facetten der Callas darzustellen und das tragische Geschick einer Sängerin dieses Jahrhundert deutlich zu machen.


 
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