© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/98  02. Oktober 1998

 
 
Rechte nach der Wahl
von Roland Bubik

Die neue Regierung wird keine "neue Mitte" bilden, sondern eine entschiedene Linke, mit einem linksextremen "Oppositionspartner" an der Seite. Diese Möglichkeit eines linken, konzertierten Aktionsbündnisses auf Koalitions-, Regierungspartei- und Oppositionsebene unterscheidet die deutschen Verhältnisse von denen Großbritanniens. Diese Konstellation konfrontiert die bisherigen Machthaber mit einer sehr ungewohnten (und ungeliebten) Herausforderung: Opposition gegen links. Die Mitte, materialisiert in CDU/CSU, wird sich schwer in diese neue Rolle fügen: Wie will sie Opposition gegen links als eine (Doppel-) Partei führen, die in so vielen Bereichen sich der SPD angenähert und deren Positionen zu den ihren gemacht hat? Mit Süssmuth, mit Merkel gegen Schröder? Mit Teer das Feuer löschen?

Die Mitte ist strategisch orientierungslos. Es zeichnen sich innerparteilich zwei Positionen ab, für die beispielhaft der JU-Vorsitzende Escher und der CSU-Vorsitzende Stoiber stehen. Escher meint allen Ernstes, das Problem der CDU bestehe darin, "die Fähigkeit zum Dialog" verloren zu haben – "Mit alleinerziehenden Müttern, Umweltschützern und kulturell Interessierten".

Der andere Weg wird von Stoiber gewiesen. Er geht aus den Wahlen in Bayern und im Bund gestärkt hervor: Mit klaren, auch konservativen Positionen hat er die Bayernwahl gewonnen und in der Bundestagswahl für die CSU die Stimmenzahl gegenüber 1994 erhöht. Mit dem Rücktritt Waigels ist sein Weg frei. Er ist der kommende Mann der Union. Zur Positionierung in der rechten Mitte benötigt die Union Personal, Ideen und Themen. Dies ist eine Chance für demokratische Rechte: Nicht mehr nur als Stimmvieh "integriert" zu werden, sondern verantwortlich an der Führung der Partei mitzuwirken.

Denn dies ist eine Lehre für Rechte aus dieser Wahl: Aus eigener Kraft, gegen die Mitte geht es nicht. Ohne feste, gepflegte und tragfähige Bindungen in die Entscheidungszentren der Republik läßt sich dieses Land nicht im konservativen Sinne ändern.

Die Zukunftsprognose für eigenständige parteipolitische Versuche der demokratischen Rechten ist ernüchternd: Die Unionsparteien werden ihre Themen aufnehmen und für sich verwerten. Ihre Rolle wird von der Mitte übernommen. Was bleibt, ist für die Zeit "nach der zweiten Wende" eine seriöse Sammlung aufzubauen. Hier sind unter anderen BFB und Republikaner gefordert; aus dem Wahlergebnis dürften beide Formationen ihre Lektion gelernt haben, was Alleingänge betrifft. Letztlich gilt: Hin zur Mitte, hin zur Verantwortung, heraus aus dem bequemen Eck der "Fundamentalopposition".


 
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