© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/98 11. September 1998

 
Wahlkampf: Gewalt gegen rechte Parteien nimmt zu
Überfälle häufen sich
von Thorsten Thaler

Brandanschläge auf Autos, zerstörte oder bis zur Unkenntlichkeit beschmierte Plakate, Übergriffe auf Informationsstände, Beschimpfungen und Beleidigungen von Wahlhelfern – vierzehn Tage vor der Bundestagswahl am 27. September häufen sich die Meldungen über Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung im Wahlkampf. Betroffen sind vor allem Parteien im konservativen und rechten politischen Spektrum: Bund Freier Bürger (BFB), Republikaner, NPD und Deutsche Volksunion (DVU).

l In der Nacht vom 2. auf den 3. September wird der stellvertretende Bundesvorsitzende und Landesvorsitzende der Republikaner in Mecklenburg-Vorpommern, Bernd Bernhard, von mutmaßlich der linken Szene zugehörigen Gewalttätern überfallen und leicht verletzt. Die Täter bombardierten eine Gruppe von Wahlhelfern, die Plakate aufstellen wollten, mit Steinen und zertrümmerten die Windschutzscheibe eines Wahlkampf-Fahrzeuges.

l Eine türkische Jugendgruppe bedrängt am 3. September im Berliner Bezirk Wedding Wahlhelfer der Republikaner beim Aufhängen von Plakaten. Sie werden als "Nazi-Schweine" beschimpft und unter Androhung von Schlägen zum Verlassen der Gegend aufgefordert.

l In den frühen Morgenstunden des 4. September wird das Auto des Kreisvorsitzenden und Direktkandidaten der Republikaner im hessischen Bundestagswahlkreis 141, Uwe Skibba, durch einen Brandanschlag zerstört. Unmittelbar neben dem Fahrzeug haben die unbekannten Täter das Wort "Nazi-Sau" auf den Bürgersteig geschmiert.

l In Dortmund greifen unbekannte Gewalttäter mit Baseballschlägern eine Gruppe von Wahlhelfern der Republikaner an. Bei dem Vorfall, der sich bereits am 18. August ereignete, wird ein 60jähriger so schwer verletzt, daß er im Krankenhaus ambulant behandelt werden muß.

Für den Bundesvorsitzenden der Republikaner, Rolf Schlierer, beweisen diese Anschlage, "daß die Saat der Biedermänner in den Altparteien aufgegangen ist". Die "ununterbrochene Diffamierung" der Republikaner durch die etablierten Parteien habe dazu geführt, so Schlierer, "daß sich Linksextremisten und selbsternannte Gutmenschen dazu legitimiert sehen, Gewalt gegen politisch Andersdenkende auszuüben". Jetzt zeige sich, "wo die eigentlichen Brandstifter in diesem Wahlkampf sitzen", erklärte der Republikaner-Chef.

Gewalttätigen Übergriffen sieht sich zunehmend auch der konservative Bund Freier Bürger der beiden früheren FDP-Politiker Manfred Brunner und Heiner Kappel ausgesetzt.

l Bei einem Überfall von etwa 15 mutmaßlichen Linksextremisten auf eine Wahlkundgebung des BFB in Dresden am vorvergangenen Samstag werden drei Veranstaltungsteilnehmer und ein Polizist zum Teil schwer verletzt. Die Angreifer gingen mit Stöcken, Flaschen und Reizgas gegen Wahlkampfstände und Besucher der Kundgebung vor (die JF 37/98 berichtete).

l In Berlin geht aus bisher noch unbekannter Ursache das Auto des stellvertretenden BFB-Landesvorsitzenden und Pressesprechers in Flammen auf. Eine kriminaltechnische Untersuchung des von der Polizei beschlagnahmten Fahrzeugs soll jetzt ergeben, ob es sich um einen politisch motivierten Brandanschlag handelt.

Ein mittelständischer Unternehmer im Ruhestand, der sich im niedersächsischen Bundestagswahlkreis Celle/Uelzen für den BFB engagiert, schreibt in einem Offenen Brief an den Wahlkreisleiter verzweifelt: "Ein Wahlkampf sollte mit fairen und demokratischen Mitteln geführt werden. (…) Aber seit Wochen erleben wir eine organisierte Kampagne linker Gruppierungen gegen uns. Angeführt von der Antifa, unterstützt von der PDS und geduldet von den etablierten Parteien, wird auf übelste Weise gegen uns vorgegangen."

Der Wahlhelfer klagt über "ständige Androhungen von Gewalt und Beschimpfungen" an Informationsständen des BFB in den Fußgängerzonen von Celle und Uelzen. Von 220 bis Anfang September im Wahlkreis aufgestellten Plakatständern seien 52 gestohlen und 26 mit "Nazi-Parolen" beschmiert worden. Von 65 Wahlständern seien die Plakate abgerissen worden, führte der BFB-Wahlkämpfer akribisch Buch über die durch politischen Vandalismus entstanden Schäden.

Die Deutsche Volksunion (DVU) des Münchner Verlegers der National-Zeitung und der Deutschen Wochenzeitung, Gerhard Frey, verzeichnet neben beschädigten oder gestohlenen Plakaten ebenfalls Überfälle auf Funktionäre und Wahlhelfer.

l Am 21. August wird der stellvertretende Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Joachim König, von vier bis fünf Vermummten attackiert. Die jugendlichen Täter werfen mit Steinen auf König, der hinter seinem VW-Bus in Deckung geht und unverletzt bleibt. Die Angreifer entkommen unerkannt.

l In Berlin-Marzahn greifen Ende Juni sechs mit Latten ausgerüstete Chaoten zwei DVU-Wahlhelfer an, die Werbematerial zur Bundestagswahl in Hausbriefkästen stecken. Einer der beiden wird die Treppe heruntergestoßen und erleidet einen doppelten Bänderabriß am Bein, der im Krankenhaus versorgt werden muß.

Der Berliner DVU-Landesvorsitzende Olaf Herrmann bezeichnete den Überfall seinerzeit als "weiteren Vorgeschmack auf drohende ungehemmte Gewalt im Bundestagswahlkampf".

Mit massiven Behinderungen im Wahlkampf sieht sich auch die NPD konfrontiert. "Linksautonome Überfälle" auf Wahlkampfhelfer in Wismar, Greifswald und Neubrandenburg sowie die "systematische Zerstörung" von Wahlplakaten der Nationaldemokraten würden von der Presse "wohlwollend gebilligt und konsequent totgeschwiegen", schäumt Holger Apfel von der Landespressestelle in Mecklenburg-Vorpommern. Bei einer Veranstaltung an diesem Wochenende in Schwerin rechnet er mit weiteren Störungen.


 
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