© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/98 04. September 1998

 
Republikaner: Berliner Gericht untersagt Beobachtung
Fehlanzeige wird erbeten
von Thortsen Thaler

Der Vorsitzende der Berliner Republikaner, Werner Müller, will gegen den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz, Eduard Vermander, Strafantrag wegen falscher Verdächtigung und Rechtsbeugung stellen. Das kündigte Müller am Montag dieser Woche nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts an, das den Verfassungsschützern untersagt, die Republikaner weiterhin mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten und sie als "rechtsextremistisch" einzustufen. Die Erwähnung der Partei im Verfassungsschutzbericht für 1997 sei "rechtswidrig" gewesen, urteilte die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts unter dem Vorsitzenden Richter Ulrich Kiemann (Az.: VG 26 A 623.97).

"Ich will nicht verhehlen, daß die Berufsrichter in ihren Vorberatungen den Kopf geschüttelt haben, was der Verfassungsschutz als Beleg für verfassungsfeindliche Aktivitäten anführt", sagte Kiemann. Während der vierstündigen Verhandlung hatte sich die Rechtsvertreterin des Berliner Verfassungsschutzes, Heike Zitting, vergeblich bemüht, Belege für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Republikaner anzuführen. "Ich höre von Ihnen immer nur Interpretationen", konterte Kiemann die Ausführungen der Rechtsanwältin, die schließlich sogar einräumen mußte, daß sie das neue Parteiprogramm der Republikaner von 1996 nicht kannte.

Das Landesamt für Verfassungsschutz habe im Verfahren keine Argumente präsentiert, die eine Beobachtung rechtfertigen würden, heißt es dazu im Urteil des Gerichts. Auch für die Behauptung im Verfassungsschutzbericht 1997, die Republikaner seien ein "Sammelbecken unterschiedlicher rechtsextremistischer Strömungen", seien keine Belege vorgelegt woren. "Die Wertung rechtsextremistisch ist ohne Rechtsgrundlage", betonte Ulrich Kiemann. Ob das Landesamt für Verfassungsschutz Berufung gegen das Urteil einlegt, war bis zum Redaktionsschluß noch offen.

Der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, wertete das Urteil als Bestätigung für seinen Kurs hin zu einer rechtskonservativen Partei auf dem Boden der Verfassung. Schlierer, der auch Fraktionsvorsitzender der Republikaner im Stuttgarter Landtag ist, kündigte an, nach dem Berliner Urteil auch in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern gerichtlich gegen die Beobachtung seiner Partei durch den Verfassungsschutz vorzugehen. Bereits im Dezember 1997 hatte eine ähnliche Klage vor dem Verwaltungsgericht in Mainz Erfolg. Dort entschieden die Richter ebenfalls, daß die Republikaner in Rheinland-Pfalz nicht länger vom Verfassungsschutz überwacht werden dürften. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, weil das Land Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt hat.

Daß die Beobachtungspraxis der Verfassungsschützer seit längerem auf wackligen Füßen steht, belegt auch ein internes Schriftstück ("VS – Nur für den Dienstgebrauch") aus dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV). In dem Schreiben vom 5. Juni 1996, das der jungen freiheit vorliegt, heißt es wörtlich: "Dem BayLfV liegen seit Januar 1996 keine einschlägigen Erkenntnisse vor, die auf verfassungsfeindliche Bestrebungen der Republikaner hindeuten."

Mit dem Schreiben, das an das Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtet ist, wenden sich die bayerischen Verfassungsschützer hilfesuchend an ihre Kölner Kollegen: "Es wird deshalb gebeten, eventuell dort vorliegende diesbezügliche materielle Erkenntnisse bis zum 21.06. mitzuteilen." Ausdrücklich notieren die Beamten in München: "Fehlanzeige wird erbeten."


 
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