© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/98 21. August 1998


USA: Umweltschützer plädieren für eine Reduzierung der Bevölkerungszahl
Einwanderung als Öko-Thema
Michael de Wet
 

Die US-amerikanische Umweltbewegung hat nun ihre "Ausländerfrage" bekommen: Wie das Greenpeace Magazin in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, mehren sich in den großen amerikanischen Umweltverbänden die Stimmen derjenigen, die aus ökologischen Gründen einen Einwanderungsstopp für die USA fordern.

Den Anfang machte im Frühjahr dieses Jahres die 200.000 Mitglieder starke "Wilderness Society": Sie ergänzte ihre Satzung um einen Programmpunkt, in dem verlangt wird, daß nicht nur die Geburtsrate der US-Amerikaner, sondern auch die Zahl der Einwanderer reduziert werden müsse. Die gegenwärtig 270 Millionen US-Bürger seien jedenfalls eine zu große Belastung für die Natur des Landes.

Noch spektakulärer war eine Kampagne innerhalb des "Sierra Clubs", der ältesten und angesehensten Umweltorganisation in den Vereinigten Staaten. Dort hatte die Gruppe "Sierrans for U.S. Population Stabilization" (SUSPS) um Alan Kuper eine Abstimmung in dem Verband über die Forderung erzwungen, die US-Bevölkerung müsse auf dem jetzigen Stand eingefroren oder nach Möglichkeit sogar reduziert werden. Der Vorstand des Sierra Clubs, der diesen Vorstoß ablehnte, konterte mit dem Argument, die Überbevölkerung sei ein internationales Problem, das sich nicht durch nationale Abschottung lösen lasse. "Birth control, not border patrols" lautete deren Slogan. Am Ende befürworteten bei einer Mitgliederbefragung immerhin 40 Prozent der rund 550.000 "Sierrans" die Schließung der amerikanischen Grenzen. Ein Ergebnis, das Alan Kupers SUSPS zum Weitermachen ermutigt.

Heuchlerisch sei diese Kampagne, meinen die Linken unter den US-Umweltschützern: Solange die USA das Land mit dem weltweit größten Pro-Kopf-Energieverbrauch sind, stünde es den Amerikanern schlecht an, sich gegen den Bevölkerungsdruck aus ärmeren Ländern abzuschotten. Daß die Abwanderung in die USA weder in diesen Ländern die Not lindert noch dazu beiträgt, die Umweltprobleme in den Vereinigten Staaten zu verringern, sagen sie allerdings nicht. Zumal es der umweltzerstörerische "American way of life" ist, der für viele Mexikaner den großen Nachbarn im Norden erst attraktiv werden läßt.

Radikalere Gruppen wie der Kreis um den Gründer von "Earth First!", Dave Foreman, plädieren schon seit langem aus ökologischen Gründen für dichte Grenzen. Foreman erklärte erst kürzlich, er halte auch Entwicklungshilfe für verfehlt, wenn sie nur dazu diene, eine künstlich erzeugte Überbevölkerung künstlich am Leben zu erhalten. Auch in den verschiedenen bioregionalistischen Organisationen wird über "carrying capacity" diskutiert, über die Frage, wieviele Menschen eine Region verkraften kann, ohne daß es zu ernsthaften Beeinträchtigungen des ökologischen Gleichgewichts und der Artenvielfalt kommt.

"Rassistische Untertöne", wie sie in dem zitierten Greenpeace Magazin-Beitrag der Sierra Club-Gruppe SUSPS unterstellt werden, spielen in dieser Diskussion allerdings keine Rolle: Den radikalen US-Ökologen geht es einzig um die Zahl der Menschen in einer Region, nicht um deren Nationalität.


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