© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/98 24. April 1998

 
 
Parteien: Dubiose Vorgänge um eine saftige Geldspende für die "Deutsche Volksunion"
Der Graf weiß von nichts
von Robert Schwarz

Die "Deutsche Volksunion" (DVU) des millionenschweren Münchner Verlegers der National-Zeitung und der Deutschen Wochen-Zeitung, Gerhard Frey, ist in Erklärungsnotstand wegen ihrer Parteifinanzen geraten. Eine Spende über 275.000 DM, die von einem französischen Grafen stammen soll, gibt erneut Anlaß zu Spekulationen über die unbegrenzt erscheinenden finanziellen Mittel des Frey-Imperiums.

Nach Angaben der DVU stammt die Spende von Comte Jacques de Mathan, der in einem Hotel im schwäbischen Villingen wohnhaft sein sollte. Dieses Hotel besteht jedoch seit 1995 nicht mehr. Doch obwohl die DVU, der nach jüngsten Umfragen bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt der Einzug in den Landtag gelingen kann, bislang weitere Hinweise auf Identität und Aufenthaltsort verweigert hat, ist es Journalisten der linksliberalen Pariser Tageszeitung Le Monde gelungen, den 90jährigen ehemaligen Berufssoldaten und Bankmanager Mathan in einem französischen Altersheim ausfindig zu machen. Sowohl der Graf als auch die Begleitumstände der Spende werfen jedoch mehr Fragen auf, als sie zur Erhellung der Geschichte beitragen.

Zwar gibt Jacques de Mathan, der Deutschland zuerst als Kriegsgefangener kennen und dann lieben gelernt hat, zu, die Bekanntschaft von Gerhard Frey in den sechziger und siebziger Jahren bei Urlaubsaufenthalten im Schwarzwald gemacht zu haben. Auch sei er Leser der National-Zeitung und habe vor etlichen Jahren der DVU einige kleinere Geldbeträge überwiesen. Niemals jedoch eine solche Summe. Nach Aussagen eines Sohnes des Grafen, eines Richters, verfügte sein Vater gar nicht über eine solche Summe.

Nachdem die Bundestagsverwaltung mit Nachforschungen begonnen hat, ist die DVU nach Informationen von Le Monde ebenfalls nicht untätig geblieben. Der Sohn von Gerhard Frey sei selbst nach Frankreich gereist, um den alten Mann "zum Schweigen zu bewegen". Auch hätte Frey-Junior den alten Grafen nachträglich eine Erklärung unterzeichnen lassen. Mathan gegenüber Le Monde: "Er hat mich gebeten, ein Schreiben zu unterzeichnen, in dem ich anerkenne, das Geld gezahlt zu haben. Ob ich unterzeichnet habe? Aber sicher! Wissen Sie, ich hatte nicht die Kraft, mich zu widersetzen, weil er doch die lange Reise von München gemacht hatte, um mich zu sehen." Eine Kopie des unterzeichneten Schreibens sei dem alten Mann allerdings nicht ausgehändigt worden.

 

Le Monde selbst hält sich mit Spekulationen, ob der angebliche oder tatsächliche Geldgeber nur zur Verschleierung der Identität möglicher anderer Sponsoren der DVU dient, merklich zurück. Dennoch: Die im Gespräch mit den französischen Journalisten preisgegebene politische Positionierung des alten Grafen ist zumindest überraschend. Die DVU ließ verlauten, bei dem Geldgeber handele es sich um einen französischen Staatsbürger, der den Auschwitz-Leugnern nahestehe. Seine Identität könne wegen Gefahr für Leib und Leben des Spenders nicht mitgeteilt werden. Wegen der Bekanntschaft Mathans mit dem Herausgeber der Zeitung La Vieille Taupe ("Der alte Maulwurf"), einer revisionistischen Publikation, die aus dem linksextremen Spektrum hervorgegangen ist, scheint sich diese Angabe zu erhärten. Mathan bestritt aber gegenüber Le Monde energisch, dieses Gedankengut zu teilen. "Ich habe niemals ein Parteibuch irgendeiner Partei besessen, sei es RRP, UDF oder Front National", erklärte der französische Adlige, um dann fortzufahren: "Ich habe Mitterand sehr bewundert und bei den letzten Präsidentschaftswahlen Jospin gewählt."

Dieses besondere Verhältnis zu sozialdemokratischen Politikern teilt der angebliche Gönner mit Gerhard Frey – zumindest seit der Landtagswahl in Niedersachsen. Dort hatte der DVU-Chef seine Anhänger dazu aufgefordert, für den Ministerpräsidenten und SPD-Kandidaten Gerhard Schröder zu stimmen.


 
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