© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/98 10. April 1998

 
 
Sachsen-Anhalt: SPD hofft auf Schröder-Bonus / Republikaner zerstritten
Menetekel von Magdeburg
von Markus Göth

Am 26. April sind die Bürger Sachsen-Anhalts aufgerufen, für die kommenden vier Jahre einen neuen Landtag zu wählen. Der Wahlausgang vor vier Jahren sorgte für viel Aufsehen, da in Magdeburg bundesweit die einzige Rot-Grüne Koalition unter Tolerierung der PDS installiert wurde. Die CDU konnte sich damals mit 34,4 Prozent knapp als stärkste Fraktion behaupten. Die SPD erhielt 34 Prozent. Die PDS setzte sich klar als drittstärkste Kraft mit 16,5 Prozent durch. Der jetzige Juniorpartner in der SPD-geführten Landesregierung, Bündnis 90/Die Grünen, schaffte mit 5,1 Prozent den Einzug in den Landtag. Der damalige Koalitionspartner der CDU, die FDP, scheiterte mit 3,6 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde.

Die von Ministerpräsident Reinhard Höppner als Spitzenkandidat in den Wahlkampf geführte SPD kämpft um die absolute Mehrheit und möchte den "Schröder-Effekt" auch in Sachsen-Anhalt wirken lassen. Für Bündnis 90/Die Grünen sieht es dagegen weniger rosig aus. Gerade die innerparteiliche Diskussion um die Erhöhung der Benzinpreise ließ die demoskopischen Werte der Grünen sinken. Falls es der Partei nicht gelingen sollte, in das Magdeburger Landesparlament einzuziehen, wäre sie in Mitteldeutschland in keinem Landtag mehr vertreten und hätte sich dann endgültig zur westdeutschen Regionalpartei entwickelt.

Die CDU um ihren Oppositionsführer Christoph Bergner versucht die negative bundespolitische Stimmungslage für die Union in Sachsen-Anhalt zu stoppen und zumindest eine absolute SPD-Mehrheit zu verhindern. Ziel der PDS ist, direkte Regierungsverantwortung zu übernehmen. Trotz starker Unterstützung des ehemaligen Außenministers Genscher verfügt die FDP in ihrer einstigen Hochburg Sachsen-Anhalt (Landtagswahl 1990: 13,5 Prozent) nur über geringe Erfolgsaussichten.

Republikaner kündigen Anfechtung der Wahl an

Endgültig zugelassen zur Landtagswahl wurden zehn Parteien. Die Wahlvorschläge der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), der Partei bibeltreuer Christen (PBC) und der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) wurden nicht zugelassen, weil sie die geforderten 1.000 Unterschriften nicht vorlegen konnten.

Die geplante Listenverbindung aus Republikanern, Deutscher Sozialer Union (DSU) und Demokratischer Erneuerung (DE) wird ebenfalls nicht zur Landtagswahl antreten können, da der Landeswahlausschuß dieser Gruppierung ebenfalls kein grünes Licht gab. Grund: Nach Ansicht des Landeswahlleiters Söker gehört die Spitzenkandidatin Eve Reinhold, die die Anmeldung der Liste mit unterschrieben hat, formell nicht dem Landesvorstand der Republikaner an – und ist damit nicht zeichnungsberechtigt gewesen. Frau Reinhold war nach Querelen im Landesverband Sachsen-Anhalt, bei denen fast der gesamte Landesvorstand der Republikaner durch das Bundespräsidium amtsenthoben wurde, durch den Bundesverband als kommissarische Schriftführerin eingesetzt.

Das geplante Listenbündnis "Arbeit für Sachsen-Anhalt" war ein umstrittenes Projekt, das besonders bei mehreren DSU-Funktionären und bei den sachsen-anhaltinischen Republikanern selbst auf Ablehnung stieß. Gegen die Nichtzulassung der Listenverbindung kündigte das Präsidiumsmitglied der Republikaner, Gerhard Tempel, eine Anfechtung der Landtagswahl an. Dies sei, erklärte Tempel gegenüber der jungen freiheit, die derzeit einzige rechtliche Möglichkeit der Beschwerde.

Trotz der Streitigkeiten zwischen Bundesverband und Landesverband werde die Bundespartei den Listenvorschlag der Republikaner Sachsen-Anhalt unterstützen, die im Gegensatz zum geplanten Wahlbündnis zur Landtagswahl antreten können. Gegen den alten Landesvorstand werden allerdings mehrere Parteiordnungsverfahren angestrengt, sagte Tempel. So dürfte sich auch das Engagement der Bundespartei auf ein Minimum reduzieren – schon jetzt ist die Partei im Straßenbild kaum wahrnehmbar.

Daß die Republikaner – im Gegensatz zur Listenverbindung – grünes Licht für ihre Wahlteilnahme erhielten, liegt daran, daß der damalige Landesvorstand bereits im Oktober 1997 unabhängig vom Bundesvorstand eine Landesliste beim Landeswahlleiter eingereicht hatte und das Listenbündnis mit DSU und DE, das maßgeblich vom Bundesvorsitzenden Rolf Schlierer initiiert wurde, ablehnte. Gerade der Wahlantritt der Republikaner um den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten und Schönhuber-Freund Rudolf Krause sowie den mittlerweile durch das Parteipräsidium abgesetzten Landesvorsitzenden Wolfgang Höber zeigt die Querelen zwischen dem Bundesvorstand und dem Landesvorstand der Republikaner Sachsen-Anhalt.

Die Union läuft Gefahr, hinter der PDS zu landen

Der frühere Schlierer-Stellvertreter Rudolf Krause warf gegenüber der jungen freiheit dem Bundespräsidium der Partei ein unfaires Verhalten gegenüber dem Landesverband Sachsen-Anhalt vor. So werde den sachsen-anhaltinischen Republikanern eine sechsstellige Summe an Parteigeldern vorenthalten, die ihnen nach dem parteiinternen "Länderfinanzausgleich" zustünden. Die Amtsenthebung des damaligen Vorstandes durch das Bundespräsidium sei durch eine Entscheidung des Landesschiedsgerichtes aufgehoben worden.

Gegenüber der jungen freiheit erläuterte der Landtagskandidat der sachsen-anhaltinischen Republikaner, Christian Höhndorf, die Schwerpunkte der Wahlkampagne unter dem Motto "Nationale Solidarität statt Ellenbogengesellschaft". Hauptforderungen der Republikaner sind ein Notprogramm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die sofortige Abschiebung krimineller Ausländer sowie die Bekämpfung der Drogen- und Bandenkriminalität. Der Wahlkampf der Republikaner werde übrigens von dem mittlerweile ausgetretenen Parteigründer Franz Schönhuber unterstützt.

Als weitere rechte Partei tritt die "Deutsche Volksunion" (DVU) an. Spitzenkandidat der Partei ist der 49jährige Diplomingenieur Helmut Wolf. Nach Angaben von DVU-Pressesprecher Bernd Dröse führt die Partei den Wahlkampf vor allem mit Plakaten und Postwurfsendungen, die sich speziell an Jungwähler richten, sowie Großveranstaltungen mit Parteichef Gerhard Frey.

In den Meinungsumfragen der letzten Wochen wird die DVU allerdings nicht geführt. Nach den letzten Wahlprognosen deutet alles auf einen Wahlsieg der SPD hin. Ihnen werden derzeit 44 Prozent gegeben. Deutliche Verluste werden für die CDU prognostiziert. Ihr Wähleranteil liegt derzeit bei 24 Prozent. Die Union läuft sogar Gefahr, nach der Wahl nur noch drittstärkste Partei zu werden, da die PDS derzeit bei 20 Prozent liegt.

Der Koalitionspartner der SPD, Bündnis 90/Die Grünen, wird bei vier Prozent geführt und würde den Wiedereinzug ins Parlament verpassen. Die Republikaner werden wie die FDP bei drei Prozent geführt und hätten ebenfalls keine Chance, in die Magdeburger Volksvertretung einzuziehen.


 
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