© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/98 20. Februar 1998

 
 
Reform der Bodenreform
von Martin Otto

Karawanen von Alteigentümern auf dem Weg nach Ostelbien, Bredows, Bülows, Belows und wie sie alle heißen, entschlossen, von ihrem verfallenen Grundbesitz wieder Besitz zu nehmen. Krautjunker redivivus? Vierzig Jahre sowjetzonale Bodenreform nur noch Makulatur? Für einige CDU-Politiker ein Alptraum. Diese Ängste seien ihnen unbenommen, sind doch, etwa in Mecklenburg-Vorpommern, manche CDU-Kreisverbände mit der den LPGs verpflichteten Demokratischen Bauernpartei (DBP) als alte Blockpartei aus DDR-Zeiten personell durchaus
identisch.

Andere CDU-Mitglieder teilen diese Ansicht freilich nicht, und dies mit gutem Grund, gehören sie doch zum Kreis der "Alteigentümer"; einige mußten die demütigenden Enteignungen nach 1945 am eigenen Leibe erfahren. Insbesondere im Raum Hamburg stellen die Befürworter einer Abkehr vom Duktus des Einigungsvertrages, dem Grundsatz Entschädigung vor Rückgabe, eine nicht zu unterschätzende parteiinterne
Macht dar.

Für sie hatte der CDU-Rechtspolitiker und vormalige Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz letzte Woche eine gute Nachricht. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender eines fraktionsinternen Arbeitskreises zur Alteigentümerproblematik verkündigte er eine Entbürokratisierung der Regelung von Alteigentümeransprüchen, die Anordnung eines Verkaufsstops an Nichtberechtigte und einiges mehr. Gute Zeiten für Alteigentümer, und das im Wahljahr?

Paul Krüger, CDU-MdB aus Neubrandenburg und "Sprecher der ostdeutschen CDU-Abgeordneten", sieht das ganz anders. Wesentliche Änderungen in der Eigentumsfrage seien nicht zu erwarten. Ohnehin befinde sich die Fraktion in einem Klärungsprozeß; zusätzlich rügte Krüger eine angebliche Überrumpelung seiner mitteldeutschen Fraktionskollegen.

Schon sieht etwa die Süddeutsche Zeitung einen Ost-West-Konflikt in der CDU. Eskaliert schon bald der Kampf zwischen Alt- und Neueigentümern um die letzten Schollen? Die Wahrheit dürfte trivialer sein. Rechtsverbindliche Äußerungen tätigten weder Krüger noch Scholz. Viel Neues enthielt das Scholzsche Papier tatsächlich nicht. Beide betreiben schon jetzt ihre Art von Wahlkampf; für ein Publikum mit teilweise diametral entgegengesetzten Interessen.

Doch beide Seiten können beruhigt sein: Ob Alt- oder Neueigentümer, sie haben von der CDU wenig zu befürchten, aber auch wenig von ihr zu erwarten.


 
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