© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/24 / 12. April 2024

Wehrpflicht wieder aktivieren?
Überfällig und doch ungenügend
Ferdinand Vogel

Die Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist längst überfällig. Mit seiner Forderung nach einer Wehrpflicht übernimmt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nun auch eine AfD-Position und erkennt die Realität an. Die Personalprobleme der Bundeswehr sind anders gar nicht mehr zu lösen. Die Wehrpflicht könnte eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung dieser Probleme spielen, indem sie einen konstanten Zustrom von Personal sicherstellt.

Jedoch sind die Rufe nach einer Dienst- oder Wehrpflicht ohne umfassende und tiefgreifende strukturelle Reformen der Bundeswehr reines Gepolter. Über Jahrzehnte wurden Divisionen zusammengestrichen, Standorte aufgelöst, Kreiswehrersatzämter geschlossen, Depots geschlossen und Ausrüstung verkauft oder verschenkt. Mit einer Wehrpflicht allein wird sich die Bundeswehr nicht wieder aufrichten lassen. Auch der strukturelle Unterbau muß wieder aufgerichtet werden. 

Denn in den Kasernen ist nicht einmal genug Platz für die dürftig aufgestellten Reservisten der sogenannten Heimatschutzkompanien. Hier muß geklotzt, nicht gekleckert werden, um in der ganzen Fläche Deutschlands wieder Kasernen zu bauen, zu renovieren und die Strukturen der Territorialen Wehrverwaltung wieder herzurichten, die man seit Ende des Kalten Krieges hat verkümmern lassen. Per Knopfdruck lassen sich keine Heerscharen mehr einberufen. Das Projekt einer wiedererstarkenden deutschen Armee ist eines, das über Jahre konsequent verfolgt werden muß.