© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/24 / 05. April 2024

Menschen sind vor der Kamera bald überflüssig
Digitale Abziehbilder

Im Mai 2023 begann in den USA der Streik von 11.000 Drehbuchautoren, im Juli folgten ihnen 160.000 Schauspieler. Als der Arbeitskampf im Herbst endete, hatten die „Kulturschaffenden“ ihre, neben den Honorarerhöhungen, zentrale Forderung in neuen Tarifverträgen durchgesetzt: Künstliche Intelligenz in der Filmproduktion auf ein Minimum zu begrenzen. KI-Werkzeuge wie ChatGPT dürfen nur als Hilfsmittel, nicht als Ersatz für Autoren eingesetzt werden. Ebenso streng ist die Verwendung der KI-Repliken von Schauspielergesichtern und -körpern zu limitieren, damit ihre im Computer geformten digitalen Abziehbilder die Darsteller aus Fleisch und Blut nicht demnächst überflüssig machen. Für Kay Sokolowsky, Politikredakteur des Linksaußen-Magazins Konkret, könnte die Freude über den Erfolg des Streiks allerdings nur für die dreijährige Tarifvertragsdauer währen (Heft 3/2024). Denn Hollywoods Studiobosse ließen heute schon KI-Experten mit Hochdruck an Alternativen zu unbotmäßigen und kostspieligen menschlichen Akteuren arbeiten, die ihnen die Bilanz verderben, weil sie ein paar Krümel mehr vom Kuchen wollen. Daher dürfte es beim Streik 2027 nicht mehr um das Recht gehen, über die digitale Replikation selbst zu bestimmen, sondern allein um Tantiemen für die Repliken. Noch in diesem Jahrzehnt werde kein Mensch, abgesehen von einigen „Superstars“, mehr vor der Kamera gebraucht. „Ein Schaden für die Filmkunst wäre das nicht“, da es bei dieser Art von Kino fraglich sei, ob es sich um Spielfilme und nicht vielmehr um Unterhaltungsbeiträge für eine neue Form von Vergnügungsparks handle. (dg)   www.konkret-magazin.de