© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/24 / 08 März 2024

Leserbriefe

Zu: „Nicht im Sinne des Glaubens“ von Wolfgang Ockenfels, JF 10/24

Wo stehen die katholischen Bischöfe?

Jetzt hat sich unsere katholische Kirche die AfD vorgenommen: So warnten die sechs ostdeutschen Bischöfe davor, bei den nächsten Wahlen die Stimme der AfD zu geben. Auch die Gesamtheit der katholischen Bischöfe hält im Rahmen der Bischofskonferenz am 22. Februar 2024 die AfD für Christen unwählbar. Warum? Die ostdeutschen Bischöfe zählen Schlagworte auf, die teilweise widerlegt wurden, wie: „Krude Ausweisungsphantasien für Migranten und ihre Unterstützer, die Ablehnung von Schutzangeboten für Geflüchtete, die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung, der alleinige Fokus auf Leistungsfähigkeit, die Leugnung des menschengemachten Klimawandels und die pauschale Verächtlichmachung von politischen Akteuren und Institutionen sind mit diesen Grundwerten unserer Gesellschaft unvereinbar.“ So schreiben die Bischöfe wörtlich. Kein einziger dieser Punkte wird über die Behauptung hinaus mit Aussagen aus dem AfD-Parteiprogramm belegt. 

Andererseits besetzt die AfD Themen, die für uns als „normale“ Katholiken wichtig sind: z.B. der Schutz des ungeborenen Lebens und der Kampf für die klassische Familie. Wo stehen die Bischöfe auf gegen die Forderung eines Rechts auf Abtreibung oder die Unterminierung der Bedeutung der Familie als Basis der Gesellschaft? Jugendliche sollen gegen den Willen der Eltern sogar ihr Geschlecht wechseln können. So beharren die deutschen Kirchenvertreter auf einem synodalen Irrweg, den der Papst zu Recht ablehnt. Unsere Bischöfe machen es uns schwer, katholisch zu bleiben.

Sylvia & Alfred Sobel, Berlin







Zur Meldung: „Claudia Roth und Wegner blamieren sich bei Berlinale“, JF 10/24

Antisemiten bleiben am liebsten unter sich

Unter den geladenen Gästen zur Eröffnung der 74. Berlinade waren zunächst, neben anderen Parteienvertretern, auch fünf Abgeordnete der AfD. Nach den üblichen, ritualisierten Protesten des staatlich subventionierten links-woken Kulturmilieus wurden die AfD-Politiker wieder ausgeladen. Das konnte nicht überraschen, denn Antisemiten bleiben erfahrungsgemäß am liebsten unter sich. Man erinnert sich an die Kasseler documenta  2022. Täglichen Anschauungsunterricht zu diesem Thema erhält man darüber hinaus vor allem in bestimmten Berliner Bildungsstätten – nicht nur an der Freien Universität.

Horst Hermannsen, Egling an der Paar







Zu: „Faesers forsches Fummeln“ von Peter Möller, JF 9/24

Zeitschleife, oder: zurück in der DDR

In Ihrem Artikel heißt es, das Bundesinnenministerin wolle „den Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse geben“. Diese und ähnliche Darstellungen vermitteln den Eindruck, hier würden „Prävention und Härte“ geplant, die vor allem prominente Dissidenten, wie Herrn Maaßen, treffen sollen, wenn es denn soweit ist. Das entspricht aber leider nicht der Realität. Diese Praktiken werden längst angewandt und bei Bedarf auch gegen jedermann. Aus „Fummeln“ ist längst „Fummeln Plus“ geworden. Der Verfasser, Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik an einer Schule eines privaten Schulträgers, erhielt im Dezember 2023 einen Brief seiner Schulleitung. Darin wird auf einen „Brief des Hessischen Landesamts für Verfassungsschutz“ an die Schulleitung verwiesen. Wegen dieses Briefes in „Ihrer Angelegenheit“ wird dem Verfasser ohne Angabe von Gründen gekündigt, was einem unbefristeten Berufsverbot gleichkommt. In einem Gespräch mit der Schulleitung kam heraus, daß es nach dem Brief auch noch ein nachhakendes Telefonat des „Schutzamtes“ gegeben hat. Auch hier: um was es genau ging, was genau die „Vorwürfe“ seien – Verweigerung einer Information. 

Stellen wir fest: Kein Gerichtsurteil, keine polizeiliche Untersuchung, keine Befragung. Beweisumkehr und existenzzerstörende Denunziation sind offenbar Aspekte einer von Willkür geprägten Realität. Wiederholte Anfragen beim „Schutzamt“ auf Akteneinsicht durch einen inzwischen eingeschalteten Rechtsanwalt führen bislang in die Warteschleife: „die Bearbeitung des Auskunftsersuchens zu Ihrem Mandanten wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wir werden zu gegebener Zeit unaufgefordert auf die Angelegenheit zurückkommen“. Mit anderen Worten: Mitte November 2023 weiß das „Schutzamt“ dem Arbeitgeber wichtiges Belastendes zu vermitteln, was den Betreffenden augenblicklich den Job kostet. Eine Antwort auf die Anfrage des Maßnahme-Opfers hingegen, was ihm denn vorgewurfen werde, beansprucht auch nach drei Monaten noch weitere unbestimmte Zeit. Um es mit Alice Weidel zu sagen: Das gab es noch nicht einmal in der Stasi-DDR. Und auch hier darf der Verfasser aus eigener Erfahrung zustimmen. Ich bin staatlich anerkanntes Opfer des SED-Unrechtsregimes, 21 Monate Stasi-Haft, Freikauf und Rehabilitation als Lehrer – bis zur Rückkehr der Verfolgung im November 2023. 

Der Verfasser ist nirgends Mitglied. Er hat sich als nebenberuflicher Online-Journalist erlaubt, 2022 einige Wahl- und Infoveranstaltungen von rechten/neurechten Gruppen/Parteien zu besuchen. Möglicherweise wurde er dabei von Linksextremen fotografiert und auf einem Foto von jemandem, der sich in diesem Milieu bewegt, erkannt und denunziert. Wird nun zeitaufwendig gewühlt, um etwas mehr zu finden?

Andreas Bubrowski, Bad Wildungen







Zu: „Tod im Straflager“ von Paul Leonhard, JF 9/24

Das Ablegen von Blumen: eine Straftat

Am 1. März 2024 fand die Beerdigung von Alexej Nawalny statt. Tausende strömten, in Kaufnahme ihrer persönlichen Sicherheit auf den Moskauer Borissow-Friedhof. Die Teilnehmer skandierten „Nawalny“, „Nawalny“, „Nawalny“. Einige riefen auch: „Du hattest keine Angst. Und wir haben keine Angst.“ Als unerschrockener, selbstloser Bürger Rußlands setzte Nawalny sich für Freiheit und Demokratie ein und starb am 16. Februar den Heldentod am Ende der Welt. 

Helden sind auch die Teilnehmer dieser Beerdigung, die zugleich eine Abstimmung mit den Füßen ist. Nawalny reiht sich nun in die Riege von Anna Politkowskaja, Alexander Litwinenko, Natalia Estemirowa ein – den Opfern Putins und seiner Satrapen, die ihm vorangingen. Es ist auch heute wieder so wie zu Zeiten der UdSSR. Der Bürgerrechtler Alexander Solschenizyn hat diesen Zustand einmal mit folgenden Worten beschrieben: Typisch für ein gegen das eigene Volk gerichtetes System ist es, Kriminelle zu schonen, aber politische Gegner als Kriminelle zu behandeln. Die in den Anfängen befindliche Demokratie in Rußland wurde von Oligarchen und den alten Eliten, bestehend aus der Nomenklatura von KPdSU und einstigem KGB, überwältigt. Nach dem Mord an Boris Nemzow vor einigen Jahren riefen noch Zehntausende Demonstranten in Moskau diese Parole, „Rußland ohne Putin“. Heute braucht dieser keine Proteste mehr zu fürchten, die ihn für den Tod seines prominentesten Kritikers verantwortlich machen, wenn sogar das Ablegen von Blumen strafbar ist, wofür man auch noch gleich verhaftet wird. 

Von den Richtern und Staatsanwälten droht Wladimir Putin kein Ungemach. Die junge Opposition wurde und wird totgeschwiegen, gefesselt und wegen Extremismus überwacht, gefoltert und getötet. Ende Februar 2024 kam auch noch der Menschenrechtsaktivist und Memorial-Mitbegründer Oleg Orlow in die Fänge der willfährigen Justiz Putins. Als mutiger Bürger seines Landes setzte Alexej Nawalny sich für Freiheit und Demokratie ein und bezahlte es mit seinem Leben. Abgeschoben in ein Straflager, es ließe sich auch Archipel Gulag dazu sagen. Dort war er in eine Abstellkammer von sechs Quadratmetern eingesperrt, darin nichts als ein Stuhl, eine Waschgelegenheit, anstatt einer Toilette nur Löcher im Boden. Lediglich ein Buch, eine Tasse und eine Zahnbürste wurden ihm zugestanden. Dieses Martyrium konnte aber Nawalnys Willen und Engagement für Freiheit, Gerechtigkeit und den Kampf gegen die Kleptokratie, die Korruption nicht brechen. 

Man kann gespannt sein, welche Rechtfertigung Putins deutsche Fangemeinden von den AfD bis Sahra Wagenknecht und Gerhard Schröder sich einfallen lassen, um den „Beweis“ dafür zu liefern, daß die Verantwortung für den Tod Nawalnys im demokratischen Westen liegen würde. Nawalny selbst hatte prophezeit, Putin könne zum Entschluß kommen, „mich zu töten“, und fügte an: „Dann bedeutet das, daß wir unglaublich stark sind. Wir müssen diese Macht nutzen und dürfen nicht aufgeben.“ Das bezahlte er mit seinem Tod für alle, die schon immer gegen Diktatoren aufgestanden sind und werden. Sein Heldenmut sei ein Ansporn für uns alle.

Markus Speer, Pforzheim







Zu: „Abwehrzauber unterm Dach“, JF 9/24

Die Katzenopfer for Future

Jene „Katzenopfer for Future“ zeigen, wie der heutige CO2-Kult der Klimakirche, daß der Mensch seine Steinzeithöhle nie verlassen hat – wurden früher Götter und Dämonen als Erklärung für die Wetterphänomene erfunden, die gnädig zu stimmen waren, gilt es auch heute wieder Buße zu tun und Opfer zu bringen. Angesichts dessen ist für mich die Bauernregel-Persiflage: „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist“ der Inbegriff der Aufklärung.

Dr. Martin Heine, Hannover







Zur Meldung: „Grüne reagieren gereizt auf Habeck-kritischen Bericht“, JF 9/24

Umkehrschluß wie bei der AfD notwendig

Der Grüne Jan Philipp Albrecht, Vorsitzender der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, fordert, „Fakten dafür vorzulegen, daß durch die Umsetzung des Ausstiegs Deutschlands aus der Atomenergie der Wohlstand hierzulande schwindet“. Anderenfalls müsse die kritische Meinung über seine Partei öffentlich korrigiert werden. Für jeden normalen Bürger sind die Folgen des Ausstiegs erkennbar, nur offenbar für ideologisch verbohrte Grüne nicht. Umgekehrt würde ein Schuh daraus. Möge dieser Experte doch den Nachweis erbringen, daß den Ausstieg keine Schuld trifft. Dann und nicht vorher wäre eine Korrektur der Aussage angebracht. Von der AfD fordert man doch im Umkehrschluß auch ständig eine Korrektur, wenn wieder Unsinn vom politischen Gegner verbreitet wird.

Armin Steinmeier, Neuried/München







Zu: „Wir schaffen das (ab)!“ von Peter Hahne, JF 9/24

EU-Erweiterung notwendig

Der deprimierende Vorabdruck von Peter Hahnes Buch „Ist das euer Ernst?!“ legt offen, wer alles am „Abschaffen“ Deutschlands beteiligt war. Es wäre zu begrüßen, würde Peter Hahne einen gleichartigen Bericht über Ursula von der Leyen und die EU verfassen.                                   

Udo Knau, Minden







Zu: „Kämpferischer Republikanismus“ von Karlheinz Weißmann, JF 9/24

Schleicher-Amnestie 1932

Zum Nachweis des verschwiegenen Täterstatus von Angehörigen des Kampfbundes Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold ist ergänzend zur im Artikel angeführten Polizeistatistik auf die „Schleicher-Amnestie“ vom 20. Dezember 1932 zu verweisen, benannt nach dem amtierenden Reichskanzler, auch wenn das mit verfassungsändernder Mehrheit von 365 zu 143 Stimmen als verfassungsdurchbrechendes Gesetz erlassene Amnestiegesetz gegen die Reichsregierung gerichtet war. Dieser war es durchaus gelungen, mit präsidialen Maßnahmen wie Schnellgerichten gegen die politische Gewalttätigkeit vorzugehen. Dieses Gesetz wurde von den Herren Frick (NSDAP), Breitscheid (SPD) und Torgler (KPD) für ihre jeweiligen Fraktionen eingebracht und hatte gewissermaßen den Charakter eines Gefangenenaustausches zwischen den feindlich eingestellten sozialistischen Formationen. Nach diesem Amnestiegesetz fielen 76.000 Straftaten aus politischen Beweggründen unter die Amnestie. Davon wurden rund 38.000 bereits rechtskräftig verhängte Strafen erlassen oder gemildert und weitere 38.000 durch das Straffreiheitsgesetz niedergeschlagen. Dazu kamen noch 308.000 Straftaten, die auf die wirtschaftliche Not zurückgeführt wurden. Von diesen wiederum wurden 220.000 Strafen erlassen und 88.000 schwebende Verfahren niedergeschlagen. In Preußen wurden dann bis zum 24. Dezember 1932 4.800 Gefangene aus der Haft entlassen (siehe dazu Jürgen Christoph, Die politischen Reichsamnestien 1918–1933, 1987, S. 323 ff.). Diese „sozialistische Mehrheit des Reichstags“ – so der Innenminister des „Kabinetts der Barone“ Wilhelm von Gayl in der Kabinettssitzung vom 9. November 1932 – machte deutlich, daß sich das System der Präsidialkabinette nicht mehr halten ließ und deshalb zu einer parlamentarischen Regierung zurückgekehrt werden mußte. Dies machte die Regierungsbeteiligung der NSDAP unvermeidbar, die aufgrund des Amnestiegesetzes von NSDAP, SPD und KPD mit der Option einer sozialistischen Mehrheit spielen konnte. Bedeutsam ist es, hervorzuheben, daß sich der Täterstatus von Angehörigen des Reichsbanners sehr nachteilig für den konsequenten Einsatz des Staatsschutzes und damit letztlich des Demokratieschutzes ausgewirkt hat. Entgegen der Parole von der „wehrlosen Republik“ waren die rechtlichen Möglichkeiten durchaus vorhanden.

Josef Schüsslburner, Massing