© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/24 / 08 März 2024

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Wenig bestechend
Paul Rosen

Das Ausmaß an Korruption im Bundestag durch die Maskenaffäre hat Deutschland erschüttert. Der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein hatte eine Provision von 600.000 Euro für die Vermittlung eines Geschäfts mit Corona-Schutzmasken kassiert, der CDU-Abgeordnete Nikolas Röbel 250.000 Euro. Verurteilt werden konnte Nüßlein ebenso wie andere Mandatsträger, die Provisionen kassiert hatten, nicht. 

Denn nach dem bisherigen Bestechungsparagraphen im Strafgesetzbuch muß bei Abgeordneten ein Zusammenhang zwischen einer Zahlung und dem Verhalten bei einer Abstimmung nachgewiesen werden. Die Vermittlung von Kontakten und dafür erhaltene Provisionen gelten bisher nicht als Korruption. Daher sprach der Bundesgerichtshof Nüßlein 2022 vom Vorwurf der Bestechung frei. Ungeschoren davon kam auch der bayerische CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter, während die Tochter des früheren CSU-Politikers Gerold Tandler, Andrea Tandler, für rund viereinhalb Jahre ins Gefängnis muß; weil sie ihre Millionen-Provisionen nicht richtig versteuerte.  

Fast eineinhalb Jahre dauerte es nach den Freisprüchen, bis der Bundestag endlich aktiv wurde. Weit nach Mitternacht fand im Februar die erste Debatte über einen Gesetzentwurf der Ampel-Koalition zur Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung statt. Damit demonstrierte die Koalition bereits, daß in diesem Fall keine Transparenz angestrebt ist, sondern lieber im Schutze der Dunkelheit eine Debatte geführt wird, von der kaum jemand Notiz nimmt.  

Johannes Fechner (SPD) verlangte hartes Vorgehen gegen Korruption: „Denn es muß für die Bürgerinnen und Bürger immer klar sein: Wir Abgeordnete, wir arbeiten für das Allgemeinwohl und nicht für den eigenen Geldbeutel.“ Volker Ullrich (CSU) verstieg sich sogar zu der Behauptung: „Der Kampf gegen Korruption gehört zu unserer DNA“ – eine Aussage, die angesichts der Vorfälle gerade in seiner Partei doch sehr wundert. Der Gesetzentwurf der Ampel sieht vor, daß ein Abgeordneter mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann, wenn er einen „ungerechtfertigten Vermögensvorteil“ annimmt oder sich versprechen läßt, um Interessen des Vorteilsgebers oder eines Dritten „während seines Mandates“ durch Handeln oder Unterlassen wahrzunehmen. Gemeint ist damit etwa die Einflußnahme auf Bundesministerien und Behörden.

Das hört sich hart an, ist es aber nicht, wie der Abgeordnete Thomas Seitz (AfD) in der Debatte darlegte. Der Koalitions-Vorschlag der Ahndung als Vergehen mit einem Strafrahmen bis drei Jahre ermögliche es, „Verfahren unter Ausschluß der Öffentlichkeit durch Einstellung mit oder auch ohne Auflage oder per Strafbefehl mit einer geringen Geld- oder Freiheitsstrafe zu erledigen – also: weder Transparenz für die Bürger noch Abschreckung für korrupte Abgeordnete“. Seine Fraktion will  Politiker-Korruption als Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr einstufen und damit die „Selbstprivilegierung der Abgeordneten“ beenden.