© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/24 / 08 März 2024

Streit zwischen Le Pen und Weidel
Präsidiale Distanzierung
Albrecht Rothacher

Marine Le Pen liegt in Frankreich in allen Umfragen für die Nachfolge Macrons im Jahr 2027 vorn und tut nach dem Vorbild Giorgia Melonis von den Fratelli d’Italia alles, um Kreide essend gesellschaftsfähig zu werden. Die Wahlen von 2022 hatte sie noch mit unausgegorenen Thesen zum französischen Euro-Austritt vermasselt.  

Das soll nicht wieder passieren. Die manipulierten Correctiv-Berichte des Potsdamer Treffens wurden natürlich auch in den Pariser Leitmedien, die meist von den deutschen abschreiben, verzerrt dargestellt. Massendeportationen von Immigranten klingen in französischen Ohren sehr schlecht. Denn Deportationen erinnern an die deutsche Besatzungszeit.

Und die Korrekturen der AfD, es sei nur an selektive „Remigrationen“ gedacht, passen Le Pen auch nicht. Denn das ist die Forderung ihres rechten Erzrivalen Eric Zemmour von Reconquete.

Auch ein Besuch von Alice Weidel in Paris und ein folgender Brief konnten das Mißverständnis anscheinend noch nicht klären. Für die präsidial geprägte französische Politik ist das Europaparlament – ebenso wie die eigene Nationalversammlung – ziemlich uninteressant. Da wechselt man einen mißlich gewordenen Bundesgenossen wie das Hemd. Für die künftigen Machtverhältnisse in Brüssel und Straßburg wäre kurz vor den wahrscheinlich siegreichen Wahlen im Juni ein Schisma in der rechten Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) fatal. Oder bleibt es doch nur ein Sturm im Wasserglas?