© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/24 / 01. März 2024

Kabinenklatsch
Bis zum Schlußpfiff auf dem Klo
Ronald Berthold

Heute will ich Sie mal in die Bezirksliga Westfalen entführen. Denn auch wenn ich denke, als Fußball-Beobachter alles schon einmal gehört zu haben, ist die Posse aus Gütersloh für mich neu. Der Tabellenletzte Fichte Bielefeld war in der Bertelsmann-Stadt bei der zweiten Mannschaft zu Gast. Doch in der zweiten Halbzeit fehlte plötzlich sein Trainer Jan Kubovic auf der Bank. Er befand sich bis zum Schlußpfiff auf der Toilette. Nicht, weil er Durchfall bekommen hätte, sondern weil er dort eingeschlossen war. Klingt nach einem Kinderstreich. Die Gütersloher wollen damit nichts zu tun haben. Wahrscheinlich kam sich der Vorstand der Gastgeber auch noch witzig vor, als er die Klo-Nummer doppeldeutig kommentierte: „Shit happens.“ Und ich gebe zu, da habe ich geschmunzelt. Aber ich frage mich schon, ob jemand nachgeholfen hat. 

Angeblich hat das Schloß geklemmt. In der Zeit der Mobiltelefone kam der Hausmeister erst nach einer halben Stunde – aber ohne Werkzeug. Da lief das Spiel in der achten Liga schon längst wieder. Auch als dann endlich Hammer und Schraubenzieher auftauchten, konnten die Gütersloher den Coach nicht befreien. Nach Schlußpfiff half dann die rustikale Methode: Irgend jemand trat die Tür ein. Und natürlich fragen die Bielefelder, warum niemand vorher auf die Idee gekommen ist. Die zweite Halbzeit lief ohne Trainer jedenfalls nicht gerade gut. Aus einem 2:1 wurde ein 4:1 für den Tabellenzweiten. Die Bielefelder haben nun das Sportgericht eingeschaltet und die Wertung angefochten. Die Richter werden im „WC-Gate“ ein Urteil fällen, das in die Fußballgeschichte eingeht. Denn so einen Fall hat es tatsächlich noch nie gegeben.