© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/24 / 23. Februar 2024

Keine Wortlaut-Interviews
Interne Mails: Die „Sächsische Zeitung“ will die AfD im Wahlkampf gesondert behandeln
Frank Hauke

In etwas mehr als einem halben Jahr wählen die Sachsen ein neues Parlament. Laut allen Umfragen könnte die AfD am 1. September stärkste Partei im Landtag werden. Bisher regieren CDU, SPD und Grüne zusammen den Freistaat. Die Redaktion der Sächsischen Zeitung hat bei einem „ersten Treffen“ besprochen, wie sie über die Partei berichten werde. Festgehalten hat die „vereinbarten“ Punkte der Leitende Redakteur und Geschäftsführer der Zeitung, Ulf Mallek.

In einer internen E-Mail an die Redakteure, die der JUNGEN FREIHEIT zugespielt wurde, steht unter der Überschrift „Umgang mit der AfD“ im ersten Satz programmatisch: „Die AfD ist keine Partei wie alle anderen, deswegen behandeln wir sie auch nicht wie alle anderen.“ Denn die Opposition werde vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. „Inhalte und Aktivitäten der AfD geben wir nicht einfach unkommentiert und ohne Einordnung wieder“, heißt es daher in dem Papier. Die Redaktion nenne die Partei „rechtsextremistisch, wenn das im Kontext sinnvoll“ sei. Ansonsten wolle man sich mit Adjektiven „zurückhalten“.

AfD-Politikern möchte die Zeitung auch kein Forum in „Wortlaut-Interviews“ geben. Dies sei „nur in Ausnahmefällen sinnvoll“. Besser seien „verarbeitete Gespräche“. Hintergrund: Bei Wortlaut-Interviews haben die Gesprächspartner das Recht, ihre Antworten zu bearbeiten und vor der Veröffentlichung zu autorisieren. Die Positionen der AfD mit denen der anderen Parteien zu vergleichen erscheint der Sächsischen Zeitung offenbar zu riskant. Konkret gibt es die Vereinbarung, „auf Tabellen, in denen die Positionen der Parteien zu Themen vergleichend dargestellt“ werden, zu verzichten. Außerdem: „Stattdessen nutzen wir Portraits, Berichte und Analysen, um Kandidaten und für die Wahl relevante Themen differenziert zu behandeln“.

Der Chefredakteur der Sächsischen Zeitung, Uwe Vetterick, bestreitet in einer Stellungnahme gegenüber der JF, daß es in „unserem Haus“ eine „Anweisung“ zum Umgang mit der AfD gebe: „Allerdings gibt es die Zusammenfassung einer gemeinsamen Beratung der Redaktion zu diesem Thema.“ Anlaß sei „die Einstufung des sächsischen Landesverbandes der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch den sächsischen Verfassungsschutz“. Dies unterscheide die AfD „sehr grundsätzlich von der Mehrzahl ihrer politischen Mitbewerber“, so Vetterick.

Neues Ordnersystem 

für jeden Redakteur

Was heißt das konkret? In der internen E-Mail hält der Leitende Redakteur fest, mit dem Programm, dem Personal und den Aktivitäten der AfD „setzen wir uns mit journalistischen Mitteln auseinander: kritisch, konfrontativ und investigativ, aber nicht aktivistisch“. Und weiter: „Kandidaten und führende Figuren werden von uns so gut es geht durchgecheckt.“ Eigens dafür hat die Zeitung, die zur DDV Mediengruppe gehört, an der das SPD-eigene Verlagshaus DDVG zu 40 Prozent beteiligt ist, Dossiers angelegt. Wie aus einer weiteren E-Mail im Auftrag des Chefredakteurs Vetterick hervorgeht, die der JF ebenfalls vorliegt, hat die Redaktion ein Ordnersystem konzipiert, durch das sich jeder an den Recherchen anderer Kollegen gegen die AfD bedienen und diese erweitern soll.

Im Hauptordner „Recherche Neue Rechte“ finden sich die drei Unterordner „AfD“, „Flüchtlinge“ und „Neue Rechte“. Dort soll jeder Redakteur sein Wissen mit den Kollegen teilen. Konkret faßt Geschäftsführer Mallek in der E-Mail zusammen: „In einer Datenbank sammeln wir Namen, Daten und Fakten zur AfD sowie relevante Zitate von AfDlern. Alle Redakteure bekommen Zugang und können zuliefern.“ Auf Nachfrage der JF, warum die Sächsische Zeitung ihren Lesern den Umgang mit der AfD nicht transparent mache, legte Vetterick Wert darauf, daß „die Haltung von Redaktion und Verlag verschiedentlich und anlaßbezogen den Lesern transparent gemacht worden“ sei. Dies habe man „beispielsweise vor der vergangenen Bundestagswahl“ getan. Darüber hinaus bittet er „höflich um Verständnis dafür, daß wir Redaktionsinterna intern behandeln“.