© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/24 / 23. Februar 2024

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Wer wird denn da in die Luft gehen?
Paul Rosen

In einer Sitzung den Flugpassagieren höhere Ticketsteuern aufzubrummen und gleichzeitig für sich selbst neues Fluggerät zum kostenlosen Lufttransfer zu bewilligen – für die Ampel-Koalition ist das überhaupt kein Problem. In einer vertraulichen „Bereinigungsvorlage“ des Haushaltsausschusses, mit der letzte Änderungen am Bundeshaushaltsentwurf für 2024 vorgenommen wurden, fand sich ein kleiner Vermerk: „Für die Nachfolgebeschaffung von drei Hubschraubern vom Typ AS 532 ‘Cougar’ wird eine Verpflichtungsermächtigung mit Fälligkeit in künftigen Haushaltsjahren in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro ausgebracht.“ 

In der vom Ausschuß danach erstellten öffentlichen Beschlußempfehlung für den Bundestag fand sich kein direkter Hinweis mehr auf die Hubschrauber. Die 200 Millionen waren in den Titel „Erwerb von Fahrzeugen“ eingegangen. Das können im Haushaltsdeutsch auch Hubschrauber sein – sie gelten wie Flugzeuge als „Luftfahrzeuge“. Die neuen Modelle – für Politiker gibt es eine VIP-Ausführung mit besonders gepolsterten Sitzen und besserer Dämmung gegen den Rotorenlärm – dürfen gemäß Bundestagsbeschluß ab 2027 beschafft werden.  

Die bisherigen drei Cougar-Hubschrauber werden von der Flugbereitschaft der Luftwaffe betrieben und sind seit 1999 im Dienst. Eingesetzt werden sie auf Kurzstrecken, also wenn zum Beispiel Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schnell in seinen brandenburgischen Wahlkreis will. Dann schwebt einer der auf dem für die zivile Luftfahrt bereits stillgelegten Flughafen Tegel stationierten Drehflügler auf dem Landeplatz am Kanzleramt ein und fliegt den Kanzler heim. Bekannt wurden die Maschinen, als Bilder von einem offensichtlich privaten Flug der damaligen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) mit ihrem Sohn nach Sylt ihren Weg ins Internet fanden. Lambrecht mußte zurücktreten.

Der CDU-Haushaltspolitiker Ingo Gädechens hält die Anschaffung für überflüssig. Es gebe Hubschrauber der Bundespolizei mit VIP-Ausstattung, die von Regierungsmitgliedern genutzt werden dürften. Zudem verfüge die Bundeswehr über zahlreiche weitere Transporthelis. Allerdings haben die nicht so bequeme Sitze wie die VIP-Modelle, und der Lärm ist ohne Ohrenschutz nur schwer zu ertragen. Für Gädechens ist es ein Unding, daß durch den Haushaltsbeschluß überall gespart werden soll, besonders bei Bauern und Fischern. „Und genau in dieser Situation glaubt die Bundesregierung, für 200 Millionen Euro neue VIP-Hubschrauber bestellen zu müssen.“

Während die Regierungsmitglieder kostenlos durch die Welt fliegen, müssen sich Flugpassagiere auf höhere Belastungen gefaßt machen. Durch das Haushaltsbegleitgesetz ist eine Anhebung der Ticketsteuer um fast ein Fünftel auf 15,53 Euro bis 70,83 Euro je Fluggast vorgesehen. Diese Steuer betrifft alle Passagiere, die von deutschen Flughäfen abheben. Ab Mai, also rechtzeitig vor Beginn der Reisesaison, soll die Steuererhöhung in Kraft treten und bereits in diesem Jahr für Mehreinnahmen von 480 Millionen Euro sorgen.