© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/24 / 09. Februar 2024

Stoppt eine FDP-Enthaltung in Brüssel die EU-Lieferkettenrichtlinie?
Teures Bürokratiemonster
Jörg Fischer

Für die Atomkraft, die Bauern, die Gastronomie, das Handwerk, die Hausbesitzer oder das Transportgewerbe hat die FDP kein Ohr mehr. Die Energiewende, sprudelnde Steuer- und Mauteinnahmen oder der Absatz von Wärmepumpenherstellern ist den deutschen Linksliberalen viel wichtiger. Aber vielleicht stoppt nun wenigstens eine FDP-Enthaltung in Brüssel die EU-Lieferkettenrichtlinie. Denn das irrwitzige Bürokratiemonster Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D) geht noch über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hinaus, das die Merkel-Koalition zusammen mit den Grünen – gegen die Stimmen von AfD und FDP – 2021 beschlossen hat.

Eigentlich sind das LkSG und die CS3D gut gemeint: Es geht um die Verhinderung von Kinder- und Sklavenarbeit oder die Gewährleistung von sozialen und Umweltstandards in Entwicklungs- und Schwellenländern oder auch in undemokratischen Industrieländern wie China. Bei Verstößen sieht das LkSG empfindliche Bußgelder nicht für die Ausbeuterfirmen in der Dritten Welt, sondern für deutsche Unternehmen vor, die Produkte von dort beziehen. Zudem können sie durch LkSG drei Jahre lang von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden. Die CS3D würde es zudem beispielsweise ermöglichen, daß benachteiligte Arbeiter in Zulieferungsfirmen in Nicht-EU-Staaten – selbstverständlich mit Hilfe von Philantropen und NGOs – gegen deutsche Firmen unter Verweis auf EU-Recht klagen können. Konzerne haben dafür gewiefte Rechtsabteilungen – für Mittelständler ist es nur ein zusätzliches Brüsseler Bürokratiemonster. Und für die Konkurrenz von außerhalb der EU – etwa in den USA, Großbritannien, Japan, Südkorea oder der Türkei – ist es ein zusätzlicher Wettbewerbsvorteil. Die „globale Verantwortung“ gilt in der Realität nur für die 27 EU-Mitgliedstaaten.

Für die Verabschiedung der CS3D reicht eine „qualifizierte Mehrheit“ der EU-Länder. Das bedeutet, daß lediglich 15 Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, für die CS3D stimmen müssen. Eine deutsche Stimmenthaltung reicht also nicht aus. Wenn allerdings auch das „rechte“ Italien der Lieferkettenrichtlinie nicht zustimmt, ist ein weiteres teures Projekt der EU-Kommission vorerst gescheitert.