© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/24 / 26. Januar 2024

Filmkritik Ein Mann in Wut
Grantiger Einzelgänger
Werner Olles

Um die Leiche seines Sohnes Julien (Laurent Malet) zu identifizieren, reist der verwitwete ehemalige Flugkapitän Romain Dupray (Lino Ventura) nach Kanada. Es stellt sich jedoch heraus, daß der junge Mann, der erschossen wurde, nicht sein Sohn ist. Allerdings war er im Besitz von dessen Paß.

Dupray steht vor einem Rätsel, da er über das Leben seines Sohnes überhaupt nichts weiß, denn dieser hatte nach dem Tod der Mutter abrupt den Kontakt zu ihm abgebrochen und sich illegal nach Kanada abgesetzt. Die Polizei informiert Dupray, daß Julien sich mit Drogen- und Menschenhändlern eingelassen hatte, um illegalen Einwanderern aus Mittel- und Südamerika zum Grenzübertritt in die USA zu verhelfen. Gemeinsam mit seiner Freundin Anne (Lisa Pelikan) tauchte er schließlich unter, als es ihm gelang, bei einer dieser kriminellen Aktionen in den Besitz einer erheblichen Menge von Drogengeldern zu kommen. 

Bei seiner Suche nach Julien erhält Dupray Hilfe von der hübschen Amerikanerin Karen (Angie Dickinson), doch sowohl die Polizei als auch die Drogen- und Menschenhändler sind ihnen auf den Fersen. Nach langer Suche findet Dupray seinen Sohn, der gerade dabei ist, mit dem Mafiageld die US-amerikanische Grenze zu passieren. Vergeblich versucht er Julien zu überreden, sich der Polizei zu stellen und konsequent für seine Taten einzustehen. Während die beiden diskutieren, tauchen die Gangster und die Polizei auf …

Der französisch-kanadische Kriminalfilm „Ein Mann in Wut“ („L’Homme en colère“, 1978) war Lino Venturas dritte Zusammenarbeit mit dem Regisseur Claude Pinoteau. Der spannende Thriller ist ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten, dessen markante Präsenz den gesamten Film trägt. Einmal mehr spielt Ventura grandios den grantigen Eigenbrötler und Einzelgänger, wie in den meisten seiner Rollen. Obwohl die Handlungsstränge nicht immer stringent erscheinen, überzeugt „Ein Mann in Wut“ mehr noch als Krimi denn Drama einer gestörten Vater-Sohn-Beziehung. Bestechend fotografiert von Jean Boffety, reizvoll im vielschichtigen Einsatz der Musik (Claude Bolling) und nüchtern-sorgfältig mit gesellschaftskritischen Akzenten inszeniert, verbindet der Film die Vertrautheiten des Genres mit seinen differenziert durchgezeichneten Charakterrollen mit der Frage nach den wahren Werten des Lebens.

DVD: Ein Mann in Wut. Pidax Film 2024, Laufzeit etwa 93 Minuten