© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/24 / 05. Januar 2024

Grüße aus … Montreal
Immer dabei: Mobiltelefone
Elke Lau

Nach sechsstündiger Zugfahrt von Montreal nach Toronto checken wir am späten Abend in unserem VierSterne-Hotel ein. Bauarbeiten mit schwerem Gerät direkt vor unserem Fenster verhindern ungestörten Schlaf, desto mehr freuen wir uns auf das kontinentale Frühstück, das in unserem Übernachtungspreis inbegriffen ist. Es ist genau definiert: zwei Bagel, Butter, Marmelade, ein halbes Glas Orangensaft und Kaffee ohne Limit. Einige Gäste scheinen einen anderen Tarif gebucht zu haben.  Übergewichtige junge Frauen beladen nämlich ihre Teller mit kanadischer Morgenkost: Toast, Rührei, Pommes, gebratenem Speck, Burger, Muffins, worauf sie noch Mengen von Ketchup und Majo drapieren, ehe sie mühsam durch den Saal walzen, auf der Suche nach einem Platz.

Um halb neun machen wir uns auf den Weg zum Busbahnhof und schauen in den  Stadtplan, als eine junge Frau uns anspricht: „Kann ich helfen?“ „Wir suchen nach einer Möglichkeit, die Niagarafälle  zu besuchen.“ „Da nehmen Sie am besten den Bus und geben am Schalter an, im Kasino spielen zu wollen. Dann kostet es weniger.“

Was gibt es noch zu berichten? Ach ja! Parken kostet fünf Dollar für zwanzig Minuten, 39 Dollar pro Tag.

Sicherheitshalber begleitet sie uns zum Busbahnhof, aber die nächste Tour mit Spielhöllenbesuch geht erst in drei Stunden. So kaufen wir Fahrkarten für den Greyhound am nächsten Morgen. Also: Änderung des Tagesprogramms. Viele Straßenschluchten sind zu bewältigen, bis wir am weltberühmten CN-Tower landen: 346 Meter Ausblick 1. Stufe, 356 Meter zu den Außendecks, 342 Meter Glasboden-Anlage, 447 Meter Skypod. Die Gesamthöhe beträgt 553 Meter.

Wir lösen die Tickets bis zum Skypod und sind überwältigt von der Aussicht auf den Ontariosee und seine vorgelagerte Insel mit Regionalflughafen, auf das Eisenbahn-Museum und die beeindruckenden Gleisanlagen der Großstadt, die aus dieser Höhe wie ein Märklin-Puppenland wirkt. 80 Kilometer soll die Sicht betragen. Beim Blick durch den Glasboden in einen endlosen Abgrund wird mir schwindlig.

Mit uns bevölkern verwahrloste Jugendliche und außer Rand und Band geratene Schulkinder, überwiegend mit asiatischen Wurzeln, die Plattformen. Etwa zwölfjährige Mädchen, geschminkt wie Bordsteinschwalben, blockieren die Gänge. Sie haben eines gemeinsam: Handys an langen Stangen in Stellung bringen, um sich dann selbst zu fotografieren. Ohne Rücksicht auf Verluste.

Was gibt es noch zu berichten? Ach ja! Parken kostet fünf Dollar für zwanzig Minuten, 39 Dollar pro Tag. Da auch hier  Geländewagen, vom Mercedes Benz über BMW bis zum Porsche überwiegen, wird das wohl kein Problem darstellen. Wie sagt man so schön? Die Gewohnheit, allen Dingen eine gute Seite abzugewinnen, ist mehr wert als tausend Pfund im Jahr.