© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/23 / 08. Dezember 2023

Polen: Nationalkonservative Politik des Ressentiments
Antideutsche Stimmung
(ob)

Seit 2015 die PiS-Nationalkonservativen in  Warschau an die Macht kamen, erlebt der auch zu kommunistischer Zeit nie eingeschlafene Mythos der polnischen „Opfernation“ eine Hochkonjunktur. Neben Rußland spielt darin Deutschland die Rolle des „Erbfeindes“, der als „Viertes Reich“ die imaginierte polnische Volksgemeinschaft bedroht und gegen den Politik und Medien dieses Milieus mit horrenden Reparationsforderungen oder mit einer Geschichtspolitik mobil machen, die Polens Größe zur Zeit der Lubliner Union (1569) beschwört. Für den Historiker Peter Oliver Loew (Deutsches Polen-Institut Darmstadt) zeugen solche lauten Ausfälle von einer im 19. Jahrhundert verwurzelten Denkhaltung, die heute eine „Politik des Ressentiments und der Kränkung“ befeuert (Osteuropa,1-2/2023). Kränkung aber sei ein gefährliches „Werkzeug zwischenstaatlicher Konfrontation“. Wie aufgeheizt die antideutsche Stimmung in der polnischen Rechten ist, lasse sich etwa an haßerfüllten Twitter-Kommentaren zum Auftritt der Ex-Spiegel-Journalistin Christiane Hoffmann ablesen, die in der deutschen Botschaft in Warschau ein polenfreundliches Buch über die Flucht ihres Vaters aus Schlesien vorstellte. Eine dem „massiven Deutschland-Bashing“ ähnelnde antipolnische Stimmung sei in der Bundesrepublik unbekannt. 


 https://zeitschrift-osteuropa.de