© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/23 / 01. Dezember 2023

Migration war nie Thema
Irland: Nach der Messerattacke eines Algeriers auf Kinder und eine Erzieherin ist das Land in Aufruhr
Felix Hagen

Nachdem ein mit einem Messer bewaffneter Algerier in der irischen Hauptstadt Dublin mehrere Kinder und eine Erzieherin angegriffen hatte, brachten spontane Demonstrationen aufgebrachter Bürger die Stadt für mehrere Stunden an den Rand des Ausnahmezustands. Während vier Kinder zwischen fünf und sechs Jahren sowie die Erzieherin mit teilweise schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht wurden, hielt sich die offizielle Berichterstattung auffällig zurück. 

Weder Nationalität noch der ethnischer Hintergrund oder das mutmaßliche Motiv des Angreifers wurden genannt, in den offiziellen Polizeiberichten war lediglich von „einem Mann“ die Rede. Irische Medien berichteten, die Ermittler gingen davon aus, daß der Tatverdächtige eine Psychose erlitten habe.

In sozialen Medien kursierte hingegen bereits kurz nach der Tat die Information, es handle sich bei dem Täter, der von Passanten nach wenigen Minuten überwältigt wurde, um einen Algerier. Eine Aussage, die zumindest teilweise nach einigen Stunden vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen RTE bestätigt wurde, der Mann stamme „ursprünglich nicht aus Irland“, lebe aber seit mehreren Jahren im Land und sei „irischer Staatsbürger“. 

Aufgebrachte Demonstranten versammelten sich bereits kurz nach dem Bekanntwerden der Tat und forderten in Sprechchören die Regierung des Landes zu einer härteren Migrationspolitik auf, neben „Schließt die Grenzen“ waren vereinzelt auch ausländerfeindliche Parolen zu hören. Nach Zusammenstößen zwischen der sichtlich überforderten Polizei und jungen Demonstranten kam es in der Folge auch zu Brandstiftungen und Straßenschlachten. Videos in den sozialen Netzwerken zeigen auch migrantische Gruppen, die offensichtlich das Chaos für eigene Plünderzüge in der Innenstadt nutzten. 

Seit Jahren wird das Migrationsthema von irischen Politikern nur zurückhaltend angesprochen, dabei leidet der Inselstaat unter einer der höchsten Einwanderungsraten gemessen an der Bevölkerung. Im vergangenen Jahr wanderten über 140.000 Migranten in das Land mit fünf Millionen Einwohnern ein, was dem höchsten Wert seit sechzehn Jahren entspricht. 

Migrationskritische Parteien haben bisher kaum Zulauf gehabt

Im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern haben einwanderungskritische Parteien in Irland bisher kaum Zulauf gehabt, was auch an dem angelsächsischen Mehrheitswahlrecht liegen dürfte. Um so größer ist nun die Bestürzung in Regierung und Parlament. Von einer „Schande für Irland“ spricht Regierungschef Leo Varadkar, selbst mit Migrationshintergrund, meint damit aber die Demonstranten – nicht die ausgesprochen liberale Einwanderungspolitik. 

Mittlerweile wurden über 30 Demonstranten festgenommen, weitere Festnahmen dürften nach der Sichtung der Überwachungskameras folgen. Unklar bleibt auch, ob die Opfer des Messerangriffs bleibende Schäden davontragen werden. Eine Fünfjährige läge unverändert „schwer verletzt“ im Krankenhaus, auch die Erzieherin bleibe einstweilen in medizinischer Obhut, zwei weitere Kinder seien in den letzten Tagen bereits entlassen worden, so die Irish Times. 

Ebenfalls unklar bleibt, ob die Tragödie Auswirkungen auf die irische Innenpolitik haben wird. Immerhin ein irischer Prominenter meldete sich zu Wort: Conor McGregor, Käfigkämpfer und wohl bekanntester Sportler des Landes, forderte einen Kurswechsel in der Migrationspolitik. Es müsse sich „endlich etwas ändern“, postete der Kampfsportler via X und schrieb weiter: „Irland befindet sich im Krieg.“ Gegen ihn und andere „Rechtsextremisten“ laufen Ermittlungen, ob sie Beiträge in den sozialen Medien zur Gewalt angestiftet haben könnten.