© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/23 / 17. November 2023

Ablehnung der Woche
„Zutiefst frustriert“
Christian Vollradt

Er hat eine lange Tradition, einen klingenden Namen und ist – obwohl einer breiten Öffentlichkeit wahrscheinlich vollkommen unbekannt – durchaus mit steigendem Renommee verbunden: der niedersächsische Staatsehrenpreis. Seit weit mehr als einem halben Jahrhundert vergibt ihn das Landwirtschaftsministerium im Agrarland Nummer 1 („Deutschlands Speisekammer“) alljährlich an jeweils zwei Betriebe „für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Tierzucht“. Neben einem – kleinen – symbolischen Geldbetrag können die stolzen Ausgezeichneten ihren Stall mit einem entsprechenden Hinweisschild schmücken. Einen festen Termin für die Verleihung gibt es nicht, in der Regel findet sie im Oktober oder November statt. Der Staatsehrenpreis 2023 wurde noch nicht vergeben. „In diesem Jahr möchte einer der beiden vorgesehenen Preisträger die Auszeichnung nicht annehmen“, teilte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums in Hannover auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. „Als Grund gab er die Wolfspolitik der Landesregierung an.“ Tatsächlich hatten Zuchtverbände und Landwirtschaftskammer den Pferde- und Rinderzüchter Harm Oncken aus Sande im Oldenburger Land für den Preis nominiert. In einer Mitteilung für die Branchenkollegen begründete der Landwirt seine Ablehnung der Auszeichnung: Eines seiner Tiere habe ihn verletzt, als er die Pferde von der Weide holte. „Die Stuten und Fohlen bleiben normalerweise Tag und Nacht draußen, müssen jedoch aufgrund zweier Wolfsrudel, die in der näheren Umgebung umherstreichen, reingeholt werden. Es frustriert mich zutiefst, daß wir unser eigenes Land nicht so nutzen können, wie wir es möchten, ohne die ständige Gefahr, daß unsere Tiere von Wölfen angegriffen werden.“ Auch eines seiner Rinder sei vergangenes Jahr gerissen worden. Auf seine ausführliche Erklärung habe er vom Ministerium keine Antwort erhalten.