© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/23 / 10. November 2023

Blick in die Medien
Im Irrenhaus
Ludger Bisping

Kurz nach dem Brexit tritt der junge, idealistische Parlamentsassistent Samy seinen Dienst in der Brüsseler EU-Zentrale an. Hier geht es drunter und drüber: Ein vertrottelter EU-Kommissar verfängt sich in seinem Redemanuskript in „rassistischen“ Fallstricken, Samys Vorgesetzte versucht, ihn in kriminelle Machenschaften zu verstricken. Derweil fällt seine Freundin, die als Jung-Journalistin in den Betrieb kommt, auf einen spinnerten Wichtigtuer herein.

So schildert es die Serie „Parlament“, die den Alltag am EU-Sitz in der belgischen Hauptstadt beleuchtet. Die belgisch-französisch-deutsche Koproduktion hat seit 2020 dreißig halbstündige Folgen. Diese geht nun in der ARD-Mediathek in die dritte Staffel.

Das Ganze ist eine Mischung aus der bissigen Büro-Satire „Stromberg“ und bösem Polit-Klamauk à la „Spitting Image“. Alles dreht sich um Intrigen, Postengeschacher, sinnlose Konferenzen, desillusionierte Zyniker und einen Parlamentsbetrieb, der zum Selbstbedienungsladen für Apparatschiks degeneriert ist.

Die Serie bekam den Grimme-Preis in der Kategorie Fiktion – Doku wäre passender gewesen.

Es werden gegenseitige nationale Animositäten aufs Korn genommen – „Hier ist alles voller Deutscher!“, „Die Holländer sind zwar gemein, aber wenigstens ehrlich“ – und typisch bürokratiegeborene Orchideenprojekte persifliert. 

Derweil sitzt der deutsche Abgeordnete Konrad bekifft auf dem Boden seines Büros und klampft auf einer elektrischen Gitarre. Schmankerl: An der Tür von Samys Chefin hängt ein Angela-Merkel-Poster.

Während um ihn herum die meisten Parlamentarier nur noch an Geld und Macht interessiert sind, glaubt Samy mit rührender Naivität an die Mission der EU und stolpert dabei von einer Pleite in die andere: „Aber es geht um die Zukunft der Ozeane!“ oder „Nein, um ein Staatssekretariat für Biodiversität“

Das alles wäre zum Brüllen komisch, wenn es nicht so katastrophale Auswirkungen auf Europa hätte und wir Europäer den Quatsch nicht bezahlen müßten. Realsatire: Die Serie wurde mit dem berüchtigten Grimme-Preis ausgezeichnet – in der Kategorie „Fiktion“. „Doku“ wäre treffender gewesen.