© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/23 / 27. Oktober 2023

Blick in die Medien
Was ist passiert?
Boris T. Kaiser

Wer nach wirklich neutralen Nachrichten sucht wird in Zeiten des Haltungsjournalismus selten fündig. Das Startup whathappened will das ändern. „Top recherchiert“, „Auf den Punkt gebracht“, „Dramafrei und Neutral“ sollen die News sein, die das „Passion Project“ seinen Lesern für einen monatlichen Abopreis von 4,99 Euro per App oder E-Mail-Newsletter präsentiert. So zumindest verspricht das die Werbung.

Gegründet wurde whathappened von dessen Chefredakteur Dimitri Choufatinsk. Der journalistische Autodidakt schreibt laut Eigenangaben für Economist Intelligence Unit und betont seine Vergangenheit als Mitarbeiter im Auswärtigen Amt.

Was aber geben die Inhalte des „völlig werbefrei“ operierenden und sich auf „70+ Quellen“ stützende Mitglieder-Magazins her? Es läßt Vertreter in Rußland verbotener NGOs zu Wort kommen, berichtet über die „Kämpfer“ der „Terrormiliz“ Hamas, denen ein „beispielloser Schlag gegen Israel gelungen“ sei, sowie den deutschen Fachkräftemangel und die Debatte um „in irregulärer Form“ nach Deutschland gelangte Migranten.

Ausführliche übersichtliche Artikel, aber nicht immer ganz dramafreie Sprache wie versprochen.

Die Bemühung, die Berichterstattung von der Faktenseite her aufzurollen, kann man den Machern des News-Portals nicht absprechen. Sie zeigt sich auch in der verwendeten Sprache. Auch wenn diese in ihrem ständigen Wechsel zwischen doch nicht immer ganz „dramafreien“ Formulierungen und betont wertfreier Begriffen mitunter etwas beliebig und teilweise unsicher wirkt. Ein klarer Pluspunkt ist die übersichtliche Aufteilung der ausführlichen Texte in kurze Absätze, die das Beschriebene klar auf den Punkt zu bringen vermögen.

Positiv anzumerken sind auch die vielen gut aufbereiteten Statistiken, die es dem Leser erlauben, sich sein eigenes Bild der Lage zu machen. Natürlich nur, soweit das anhand solcher offiziellen Zahlen möglich ist. 

Die Lust am neutralen Journalismus der alten Schule, der sich auch mit einer guten Sache nicht gemein machen will, scheint bei den Redakteuren vorhanden zu sein. Beim Mut, sich klar vom Mainstream abzugrenzen, ist allerdings noch Luft nach oben.