© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/23 / 20. Oktober 2023

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ein teures Vergnügen
Paul Rosen

Wie jedes Unternehmen oder jede größere Verwaltung hat auch der Bundestag einen Fuhrpark. Gebraucht werden Autos für die 736 Abgeordneten, für Fraktionen und für die Verwaltung. Und wie immer, wenn der Staat als Unternehmer auftritt, kommt es früher oder später zu Problemen. Die eigene Fahrbereitschaft galt als zu schlecht und zu teuer. Es wurde also privatisiert. Allerdings stand die beauftragte Privatfirma bald vor dem Konkurs, auch wollten die Fahrer wegen schlechter Bezahlung streiken. 

Da die Situation immer schlechter wurde, stellte der Bundestag das Verfahren 2017 um und beauftragte die Firma BwFuhrparkservice, die bereits den zivilen Fuhrpark der Bundeswehr übernommen hatte. Damit wurde zwar der schöne Schein der Privatisierung gewahrt, in Wirklichkeit bedeutete es die Rückkehr zur Staatswirtschaft, denn BwFuhrparkservice gehört zu drei Vierteln dem Verteidigungsministerium. Das andere Viertel gehört der Deutschen Bahn, die wiederum hundertprozentiges Staatsunternehmen ist.

Daß der Staat besonders teuer wirtschaftet und daß dies auch auf den Fahrdienst des Parlaments zutrifft, stellte jetzt der Bundesrechnungshof fest. Das Fazit der Prüfer: „Bei den mit dem Fahrdienstleister (BwFuhrpark) geschlossenen Vereinbarungen hat die Bundestagsverwaltung das öffentliche Preisrecht nicht hinreichend beachtet.“ Im Vergleich zu Bundesverteidigungsministerium und Bundeswehr zahlt die Bundestagsverwaltung für die Mandatsfahrten einen mehr als doppelt so hohen Gewinnzuschlagssatz. Der Einsatz von Fahrzeugen des Fuhrparks kostet mehr als die Beauftragung von Taxis. Und Taxis sind in Berlin nicht gerade preiswert. 

Außerdem heißt es im Bericht des Bundesrechnungshofes, daß für die Abgeordnetenfahrzeuge gleich zwei Einsatzzentralen vorhanden sind. Eine Einsatzzentrale wird von der Verwaltung des Bundestages betrieben, eine weitere vom BwFuhrparkservice. „Der mit zwei parallelen Mehrschichtsystemen verbundene Aufwand sollte vermieden und die bislang auf zwei Einsatzzentralen aufgeteilten Tätigkeiten in einer Organisationseinheit zusammengeführt werden“, empfehlen die Prüfer.

Eine weitere Ressourcenverschwendung findet bei den Fahrzeugen für die Bundestagsfraktionen statt. Denen sollen nach einem Beschluß des Ältestenrates 19 Autos inklusive Fahrer zur Verfügung stehen. Beschafft wurden von der Bundestagsverwaltung jedoch 38 Fahrzeuge. So viele werden von den sechs Fraktionen gar nicht benötigt, so daß diese Fahrzeuge jetzt entweder stillstehen oder für Zwecke der Verwaltung benutzt werden.

Überdies fanden die Prüfer heraus, daß bei der Beschaffung der Fraktionsfahrzeuge des Bundestages gegen grundlegende vergaberechtliche Vorgaben verstoßen wurde. Es ist kaum zu glauben: Das Parlament stellt Vergabevorschriften für alle Beschaffungen bis hinunter zu Bleistiften auf, die strikt eingehalten werden müssen, und der Bundestag hält sich selbst nicht daran.