© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/23 / 06. Oktober 2023

Aus der Hüfte
Political Correctness: Kritik mit viel Meinung und wenig Fakten
Peter Backfisch

Wilfried Westphal, ein deutscher Ethnologe, Dozent, Schriftsteller und Verfasser von Dutzenden Büchern. Er war wiederholt in der Entwicklungszusammenarbeit tätig, von Mittelamerika, Indien bis Afrika. In den 1970er Jahren gründete er die Menschenrechtsinitiative „Maya International“. Diese setzte sich zum Ziel, den Völkermord in Guatemala, der an den dort lebenden Indigenen begangen wurde, öffentlich zu machen. Westphal hat diese Zeit in mehreren Sachbüchern und Romanen verarbeitet.

„Die Rassismus-Debatte leidet unter einer empfindlichen Schlagseite. Es ist an der Zeit, das Schiff wieder flott zu machen“, so seine einleitende Feststellung. Leider liefert Westphal nie die erforderlichen Belege zu seinen Behauptungen. Zukunftsvisionen, wie ein Schiff flott zu machen ist, zeigt er nicht auf. Seine Analysen behandeln gängige Begrifflichkeiten wie, „People of Color“, Rassismus, Sprache, Gendern und „Quer-Sein“. Leider ist vieles unvollständig bearbeitet. Fast immer läßt er eigene Gefühlslagen einfließen. Zustimmen muß man ihm, daß die Debatte von einer ideologisch radikalen Minderheit bestimmt und beherrscht wird und mit wirklichem Rassismus nichts zu tun hat. In seinen Ausführungen reduziert er sich aber oft nur auf wissenschaftliche ethnologische Pfade, worin er sicher ein brillanter Kenner der Materie ist, um den Begriff der Rasse historisch zu erklären. „Das Wort kommt aus dem Arabischen – ‘raz’“. Danach fehlt es aber an Substanz, um wirksame Handlungsstrategien zu entwickeln. Westphals Kritik an der Migrationspolitik stützt sich oft nicht auf tatsächliche Fakten, sie ist vielmehr von persönlicher Betroffenheit gezeichnet. Manches ist auch grenzwertig, wenn er das Aufstellen von farbigen Spielern in der deutschen Fußballnationalmannschaft nicht verstehen will oder einem farbigen Koch pauschal die Kompetenz abspricht, im TV die „deutsche Küche zu kreieren“.

Belege bleibt er auch schuldig bei seinen Bewertungen der Covid19 Maßnahmen. So versteigt er sich zu der Behauptung, daß „90 Prozent der Covid-Intensivpatienten einen Migrationshintergrund hatten“ oder „in Großfamilien gab es gleich mehrere Infektionen“. Dabei hätten die Deutschen immer weggesehen und das „rücksichtslose Verhalten“ nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Migranten hätten die erhöhten Gefahren von Covid-19 – „aus welchen Gründen auch immer, durchaus bewußt nicht ernst genommen“. 

Westphal hat das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Seine Kritik der gesetzeswidrigen Asylpolitik, nach der jeder willkommen ist, der es schafft nach Deutschland zu kommen, und das Wirken einer staatlich gepäppelten NGO-Asylindustrie ist richtig, aber alles andere als der große Wurf. 

Wilfried Westphal: Von Mohren und Indianern. Die Rassismus­debatte: eine Replik. Gerhard Hess Verlag, Uhingen 2023, ­broschiert, 394 Seiten, 22 Euro