© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/23 / 22. September 2023

Solidarität ist keine christdemokratische Tugend
Kampagne: Die Düsseldorfer SPD wirft der ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Sylvia Pantel Antisemitismus vor / „Widerlicher Mißbrauch“
Axel Berends

Seit Anfang September sieht sich die frühere Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel wüsten Angriffen von SPD und Jungsozialisten (Jusos) ausgesetzt. Sie habe sich, so lauten die Vorwürfe, „gemeinsam mit Hans-Georg Maaßen ‘im Geheimen’ mit Verschwörungstheoretikern und mit Mitgliedern der AfD“ getroffen und sich zudem im Fall Aiwanger „eindeutig antisemitisch“ geäußert.

Beim angeblichen Geheimtreffen mit AfD-Mitgliedern handelte es sich in Wirklichkeit um die sogenannte „Vollversammlung der wahren Schwarm-

intelligenz“, ein vom Publizisten Klaus Kelle organisiertes Treffen Bürgerlich-Konservativer im hessischen Wetzlar. Daran hatte neben einer ganzen Reihe von CDU-Mitgliedern auch das Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses Frank-Christian Hansel (AfD) teilgenommen. Und die vermeintlich antisemitische Äußerung, die Düsseldorfs SPD und Jusos Pantel vorhielten, bestand darin, daß die CDU-Politikerin auf Facebook bemerkt hatte: „Man weiß, was sich vor 35 Jahren in Aiwangers Schulranzen befand, aber Baerbocks Masterarbeit ist nicht mehr aufzufinden?“ 

Dies hielt die Sozialdemokraten jedoch nicht davon ab, in einem offenen Brief mit dem Titel „Wo ist die Brandmauer gegen Sylvia Pantel“ von der CDU zu fordern, sie möge die Konservative aus dem Kreisvorstand entfernen. Die Aufforderung endete mit den Worten: „Lassen Sie uns gemeinsam jenen Kräften eine Absage erteilen, die das Jahr 1933 am liebsten wiederholen würden.“

Mehrere Düsseldorfer CDU-Politiker nutzten die Situation, um in der Presse ebenfalls auf Pantel einzudreschen. Noch bevor die 62jährige Gelegenheit bekam, sich zu erklären, äußerte der Landtagsabgeordnete Peter Blumenrath: „Es kocht in der Partei, viele sagen, daß ihr Verhalten der CDU schadet.“ Dabei betonte er, daß es „keine Pflichtmitgliedschaft in der CDU“ gebe. Andreas Hartnigk, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion, sagte: „Irgendwann ist das Maß voll.“ Er forderte, die CDU solle Pantel keine Plattformen mehr für Auftritte geben.

Die nun auf sich allein gestellte Christdemokratin reagierte scharf: In einer Erklärung auf ihrer Facebook-Seite sprach sie von einem „widerlichen Mißbrauch des Antisemitismus-Vorwurfs für billige parteipolitische Propaganda“. Am Ende ihrer Stellungnahme schrieb Pantel in Richtung SPD: „Und wenn Sie dann noch genügend Größe aufbringen, entschuldigen Sie sich auch bei mir für Ihren ekelhaften Ausfall, mit dem Sie mir unterstellen, die Wiedereinführung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und die Shoah zu befürworten.“

Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT bekräftigte Pantel, sich in Wetzlar nicht parteischädigend verhalten zu haben: „Parteifreunde haben mich dorthin eingeladen. Bei den Diskussionen habe ich CDU-Positionen vertreten. Ich habe dort aber auch gesagt, daß die CDU besser dastehen würde, wenn sich mehr Konservative engagieren und Friedrich Merz unterstützen würden. Das ist unverändert meine Überzeugung, zu der ich auch stehe.“

Im Ergebnis gab es jedoch weder einen Ausschluß Pantels aus dem Kreisvorstand noch eine Entschuldigung der SPD oder ihrer Jugendorganisation. Statt dessen stimmte der CDU-Kreisvorstand vergangene Woche einstimmig für einen Beschluß, in dem es heißt: „Wir erwarten von unseren Mitgliedern und insbesondere unseren Funktionsträgern, daß gemeinsame Veranstaltungen, politische Podien und Gespräche ausschließlich mit der AfD oder sonstigen radikalen Parteien nicht durchgeführt werden.“ Kaum jemandem fiel auf, daß der in dem Beschluß genannte Tatbestand aufgrund der Formulierung „ausschließlich mit der AfD“ bei Veranstaltungen wie der in Wetzlar gar nicht anwendbar wäre. 

Ob die streitbare Familienpolitikerin 2025 noch mal für den Bundestag kandidieren kann, bleibt abzuwarten. In der Stadt Düsseldorf wie auch auf Landesebene in Nordrhein-Westfalen regiert die CDU mit den Grünen. Und seit sich der einst als Vorzeige-Konservativer gehandelte Landtagsabgeordnete Gregor Golland als Freund der Grünen zu erkennen gegeben hat, gilt Sylvia Pantel als letzte namhafte Persönlichkeit in der regionalen Union, die solche Koalitionen strikt ablehnt.