© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/23 / 11. August 2023

Swapo-Regierung in Bedrängnis
Namibia: Staatsverschuldung, Korruptionsvorwürfe und hohe Arbeitslosigkeit – vor allem unter Jugendlichen – erschüttern das Land
Josef Hämmerling

Die Zahlen erschrecken. Namibia liegt noch immer auf Platz 39 im weltweiten Armutsranking. Seit langem kritisiert die Oppositionspartei Popular Democratic Movement (PDM) die Swapo-Regierung für deren Regierungsarbeit. Sie verweist dabei nach Angaben der Zeitung New Era auf die hohe Arbeitslosigkeit, die Verschuldung, die hohen Lebenshaltungskosten und die Umstellung auf grüne Energie angesichts der jüngsten Öl- und Gasfunde des Landes, die von Finanzminister Iipumbu Shiimi in der Haushaltsvorlage 2023/24 zu kurz gekommen sei.

„Minister Shiimi versäumt es, sinnvolle Vorschläge und klare Zielvorgaben zu machen, wie seine Regierung die katastrophalen Ergebnisse in den Bereichen Beschäftigung, Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft, Produktivität und Armut bekämpfen will. Was ist Ihre Lösung, Herr Minister, für die Arbeitslosenquote von 22 Prozent, die bei der Jugend 40 Prozent beträgt? Warum nennen Sie uns nicht, für wie viele junge Namibier Sie mit diesem Haushalt Arbeitsplätze und unternehmerische Möglichkeiten schaffen wollen“? fragte der PDM-Vorsitzende McHenry Venaani den Finanzminister.

Besonders schlecht sieht es dabei bei den Jugendlichen aus, von denen laut UN-Angaben fast jeder zweite arbeitslos ist. Ein immer größeres Problem bildet dabei die Bettelei, die nach Angaben der Swakopmunder Stadtsprecherin Linda Mupupa schon fast ein eigener Berufszweig geworden ist. „Sie werden ermutigt, zu betteln und Geld nach Hause zu bringen. Es ist dann eine Art Job für sie“, erklärte sie der Nachrichtenagentur Future Media.

Vor diesem Hintergrund erklärte Namibias Präsident Hage Geingob die Bekämpfung der extrem hohen Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen zur Hauptaufgabe seiner Regierung. In seiner diesjährigen Rede zur Lage der Nation im März zeigte sich Geingob besorgt, „daß Horden frustrierter arbeitsloser Jugendlicher sich dem Terrorismus zuwenden könnten, um zu überleben.“ Diese könnten sich erheben und auch an Waffen kommen. 

Entsprechend fordert die PDM-Abgeordnete (PDM) Inna Hengari Geingob auf, den Notstand über die Jugendarbeitslosigkeit auszurufen. Doch dies lehnt der Vorsitzende der Swapo ab und erklärt: „Können Sie eine Jugendkrise ausrufen? Erstens, wenn man den Notstand ausruft, muß man Informationen einholen, es muß intelligente Leute geben, die einem Ratschläge geben. Dies und jenes muß getan werden, sonst haben wir eine Krise und so. Wir wissen, daß es eine Krise ist. Wir versuchen, auf unsere Art und Weise Arbeitsplätze zu schaffen, das ist nicht genug, ja. Aber Krisenmanagement ist keine leichte Sache“.

Dabei seien die Voraussetzungen, Geingob zufolge, gut. So sei das Wirtschaftswachstum 2022 mit vier Prozent „besser als erwartet“ ausgefallen. „Für dieses Jahr wird ein weiteres Wachstum von 3,2 Prozent prognostiziert“, sagte er, nicht zuletzt aufgrund der Entdeckung von Ölvorkommen. Der Präsident verwies auf die Schaffung des mit 300 Millionen Dollar dotierten Staatsfonds „Welwitschia Fund“, der den Wohlstand zwischen den Generationen durch die Verteilung der Gewinne aus der derzeitigen Nutzung der natürlichen Ressourcen des Landes fördern soll.

Die Swapo-Regierung steht unter Druck. Entsprechend verkündete der Sprecher der Nationalversammlung, Peter Katjavivi, die Einrichtung eines Komitees, das mit der Entwicklung von Strategien zur Bewältigung der Krise betraut werden soll. 

Der Druck, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, Fertigkeiten zu vermitteln, die Gesundheit und das Wohlergehen der Jugend zu schützen und angemessene Möglichkeiten und Standardeinrichtungen für den Sport bereitzustellen, sei „heute höher als je zuvor“, betonte die Ministerin für Jugend, Sport und nationale Dienste, Agnes Tjongarero, und forderte alle Ämter, Ministerien und Agenturen sowie staatliche Unternehmen und andere Regierungsstellen auf, Praktikanten des Nationalen Jugenddienstes (NYS) zu unterstützen. Dem im April vorgelegten Finanzbudget zufolge erhält   Tjongareros Ministerium umgerechnet 23,3 Millionen Euro, davon entfallen 8,8 Millionen Euro auf die Jugendförderung. Weitere 3,8 Millionen Euro gehen nach Angaben der Windhuker Allgemeinen Zeitung an den nationalen Jugenddienst, der junge Menschen bis zum Alter von 35 Jahren jeweils zwölf Monate lang ausbildet. 

Für Mike Kavekotora, den Vorsitzenden der oppositionellen Bewegung für Demokratie und Fortschritt (RDP), sind dies nur Tropfen auf den heißen Stein. Wenn es die Regierung damit ernst meine, die Wirtschaft auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen, müsse sie erst einmal die illegalen Finanzströme im allgemeinen und die Korruption im besonderen bekämpfen.