© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/23 / 07. Juli 2023

CD-Kritik: Anton Bruckner, Gerd Schaller
Orgelsymphonisches
Jens Knorr

Nach seiner Einspielung von Anton Bruckners 9. Symphonie auf der Orgel hat sich Dirigent und Organist Gerd Schaller nun die Fünfte vorgeknöpft. Die Bearbeitung grenzt Schaller ausdrücklich von einer bloßen Transkription ab, also einem Hinüber-Schreiben aus der einen in eine andere Besetzung. Für alles das, was auf der Orgel unzureichend darstellbar ist, hat Schaller eine adäquate Lösung finden müssen. Für Kontrapunktik und kathedrale Wirkungen wiederum bot sich die Orgel als das ideale Instrument an.

Auf der Eisenbarth-Orgel in der Abteikirche des ehemaligen Zisterzienserklosters von Ebrach, wo Schaller auch größtenteils die Symphonien mit der Philharmonie Festiva aufgenommen hat, lassen sich barocke Transparenz und romantische Opulenz ideal zusammenbringen. Und Schaller bringt sie so zusammen, daß der Hörer deutlich zu unterscheiden lernt.

Schallers Eigenmächtigkeiten sind in der Anverwandlung an das Einzelinstrument begründet, aber auch in dem Willen, eine neue Totalität entstehen zu lassen, welche die Bearbeitung überhaupt erst rechtfertigte. Dabei werden dem Hörer Passagen, die er gemeinhin als Füllmasse zu hören sich angewöhnt hat, auf der Orgel gespielt, als notwendige Stützpfeiler der symphonischen Architektur einsichtig. Und er kann im Trio des Scherzos zu seiner Verblüffung erfahren, daß der Alte einen ziemlich kauzigen Humor besessen haben muß.

Wer schwerstromantische Akkordarbeit mag, der kommt allemal auf seine Kosten. Schaller weiß eben auch volle Dröhnung zu geben.

Anton Bruckner: Fünfte Symphonie für Orgel Profil Edition Günter Hänssler 2023

 www.haensslerprofil.de

 www.gerd-schaller.com