© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 22/23 / 26. Mai 2023

Umbenennung der Woche
Robert fliegt raus
Christian Vollradt

Weder verwandt noch verschwägert – diese Formel hat im von familiären Verbandelungen affärengeplagten Ressort von Hauptklima- und Nebenwirtschaftsminister Robert Habeck einen gewissen Seltenheitswert. Um so mehr scheint Vanessa Wellbrock darauf wert zu legen, mit eben jenem grünen Spitzenpolitiker weder verwandt noch verschwägert zu sein. Denn das könnte man für möglich halten, da die 42jährige Gastronomin aus Göhren im Osten der Insel Rügen das „Café Habeck’s“ betreibt. Den Namen des Lokals übernahm sie einst von den Vorbesitzern, was bisher auch keinen Anstoß erregte. Das ist nun anders, und deswegen möchte Wellbrock den ungeliebten Namen Habeck von der Karte streichen. Wie viele andere Bewohner macht sie sich Sorgen um die Zukunft des Tourismus und Naturschutzes auf der größten deutschen Insel. Grund ist das geplante LNG-Terminal, das vor der Küste bei Mukran im Norden errichtet werden soll (JF 18/23). Dort soll ab dem kommenden Winter verflüssigtes Erdgas angelandet und über eine rund 50 Kilometer lange Pipeline nach Lubmin gebracht werden – als Ersatz für das ausbleibende Nordstream-Erdgas aus Rußland. Seit Monaten sind die Rüganer deswegen schon auf der Zinne. Auch Habeck persönlich konnte sie bei einem Besuch nicht besänftigen. Er hält das Projekt für notwendig, um den Osten Deutschlands zu versorgen. Wellbrock und ihre Mitstreiter sehen das anders: „Es ist nicht nachvollziehbar. Die Natur muß erhalten bleiben, die Insel lebt vom Tourismus, und dann macht man so was.“ Ab Donnerstag kommender Woche soll ihr Lokal nun „Wellbrock’s“ heißen. Diese „Cancel-Culture“ ist angesichts der politischen Umstände ausnahmsweise sogar nachvollziehbar. Und daß es beim falsch eingesetzten Apostroph bleibt, sei der resoluten Gastwirtin glatt verziehen.