© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/23 / 12. Mai 2023

Im Netz des Klima-Clans
Grüne Energiepolitik: Mit Agora Energiewende proftiert ein stetig wachsendes Unternehmen von öffentlichen Geldern und von Finanzen großer US-Einflußnehmer. Wer kennt hier wen?
Hinrich Rohbohm

Das clanähnliche Netzwerk um Robert Habecks Staatssekretär Patrick Graichen zieht immer weitere Kreise. Nachdem bekanntgeworden war, daß die Geschwister Jakob und Verena Graichen für das vom Wirtschaftsministerium stark mit Aufträgen versehene Öko-Institut tätig sind sowie Graichens Schwager Michael Kellner als parlamentarischer Staatssekretär ebenfalls an führender Stelle im Ministerium wirkt, reißen die Negativ-Schlagzeilen über eine grün-alternative Vetternwirtschaft nicht ab.

Erst recht nicht, nachdem herauskam, daß unter tatkräftigem Mitwirken Patrick Graichens auch noch dessen Freund und Trauzeuge als Geschäftsführer der Deutschen Energieagentur vorgesehen war und Robert Habeck selbst eine öffentliche Auszeichnung aus den Händen seines Bruders Hinrich Habeck erhalten hatte (JF 19/23).

Wie konnte es zu derartigen familiären Strukturen rund um das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) überhaupt kommen? Wie war es Patrick Graichen überhaupt möglich, einen derart starken Einfluß in einer Behörde aufzubauen, deren Maßnahmen nun Millionen von Menschen in die Armut treiben, ihnen schlimmstenfalls sogar ihr Eigentum nehmen? Wer verbirgt sich hinter den mächtigen Netzwerken des 51jährigen, wer baute sie auf und wer finanziert sie?

Die Antworten darauf sind vielfältig. Und führen zu Menschen, die Milliarden von Euro oder US-Dollar besitzen. Eine dieser Antworten führt in den vornehmen Münchner Stadtteil Bogenhausen. Hier wohnt Michael Schmidt-Ruthenbeck, einer der Erben der Essener Metro-Gruppe, Liebhaber vegetarischer Speisen und fasziniert von anthroposophischer Bildung.

„Ein sehr zurückhaltender Mensch“, erzählt der JF ein Anwohner in Bogenhausen, der mit ihm „gelegentlich“ Kontakt hatte. „Eine sehr belesene, vielseitig interessierte Person, beseelt vom Streben, Gutes zu tun.“ Das gebe es „in dieser Generation und in diesen Kreisen“ häufiger. Michael Schmidt-Ruthenbeck, Jahrgang 1942, zählt zur unmittelbaren Nachkriegsgeneration. „Da haben viele Schuldgefühle der Eltern wegen. Und wegen deren Zeit im Nationalsozialismus“, mutmaßt der Bekannte auch über einen ähnlichen Missionsgedanken bei dem heute 80jährigen.

Metro-Erbe steckte fast eine Milliarde Euro in die Stiftung

Schmidt-Ruthenbeck scheue die Öffentlichkeit. Doch gleichzeitig zählt er zu den 200 reichsten Deutschen. Und mittlerweile sogar zu den einflußreichsten Menschen des Landes. Vor 27 Jahren hatte er die Mercator-Stiftung gegründet. Mit einem für seine Verhältnisse geringen Startkapital von 1,4 Millionen Euro. Das Ziel: Gutes tun.

In ihren Anfangsjahren spielt die Mercator-Stiftung eine eher bescheidene Rolle, beschränkt sich auf Kultur- und Wohltätigkeitsprojekte im Ruhrgebiet. Das ändert sich erst im Jahr 2006. Da macht der Metro-Erbe das SPD-Mitglied Rüdiger Frohn, ehemaliger Chef des Bundespräsidialamtes unter Johannes Rau, zum Beiratsvorsitzenden der Stiftung.

Frohn, ein ehemaliger Richter, arbeitete bereits für Rau, als der noch Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen war. 2002 lernt er bei einem Abendessen der Mercator-Stiftung Michael Schmidt-Ruthenbeck kennen. Der Metro-Erbe ist fasziniert von dem gebürtigen Rheinländer, holt ihn zur Stiftung und fördert dessen Aufstieg. Mehr noch: Er erfüllt dem heute 72jährigen nahezu jeden Wunsch. Kurz gesagt: Was Frohn will, wird in die Tat umgesetzt. Ein für die Bildung der heute übermächtigen Klimalobby in Deutschland entscheidender Punkt.

Denn Frohn ist es, der aus der bescheidenen Stiftung ein Organ für die große gesellschaftliche Transformation machen möchte. Alles mit dem Segen Schmidt-Ruthenbecks. Wie kann man schließlich besser Gutes tun, als im Namen des Klimaschutzes die ganze Welt zu retten?

Frohn holt Bernhard Lorentz zur Stiftung, einen Klimafanatiker aus den Reihen der Grünen, der bereits 1990 in seiner Tübinger WG für seine Partei den Wahlkampfslogan „Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter. Wir wollen ein besseres Klima“ entwickelte. Lorentz gilt als Vernetzungsgenie, arbeitet in den neunziger Jahren zunächst für die EU-Parlamentsfraktion der Grünen in Brüssel, später für die Zeit-Stiftung mit dem Schwerpunkt auf „Entwicklung der Zivilgesellschaft.“

Für die nötige finanzielle Manövriermasse sorgt 2006 einmal mehr Metro-Erbe Michael Schmidt-Ruthenbeck. Nachdem dessen Mutter im gleichen Jahr verstarb, verkauft er gegen den Widerstand seines älteren Bruders und Miterben Rainer Schmidt-Ruthenbeck über fünf Prozent des Familienanteils am Konzern. Den Großteil des Erlöses in Höhe von 750 Millionen Euro steckt er in die Mercator-Stiftung. Die Grundlage für ein mächtiges Lobby-Netzwerk, das Grünen-Anhänger Lorentz systematisch ausbaut, als er zwei Jahre später von Frohn zum Geschäftsführer der Stiftung befördert wird.

Lorentz beginnt, sich international zu vernetzen. Unter anderem mit der Rockefeller-Stiftung und der Hewlett Foundation in den USA. Letztere fördert einen weiteren Klimafanatiker, den die Zeit im vergangenen Jahr als mächtigsten Grünen der Welt betitelte: Hal Harvey. Der heute 62jährige ist der Enkel des überzeugten Marxisten und einstigen Vorsitzenden der Revolutionären Sozialisten in Österreich, Joseph Buttinger. Dessen Ehefrau und politische Mitstreiterin bei den Revolutionären Sozialisten, Muriel Morris Gardiner Buttinger, sollte später in den USA die New-Land Foundation für Waffenkontrolle und Umweltschutz gründen. Deren heutiger Vorsitzender ebenjener Hal Harvey ist.

Ende der achtziger Jahre stellt ihn die Rockefeller-Stiftung ein. Seine Aufgabe ist dort der Aufbau einer neuen Stiftung für den Energiesektor. Harvey gründet die Energy Foundation. Ein Jahrzehnt später einen Ableger davon im kommunistischen China.

2002 gewinnt er einen weiteren Förderer: Paul Brest, Leiter der milliardenschweren Hewlett Foundation. Brest macht Harvey zum Leiter des Umweltprogramms der Stiftung. 2008 gründet er die Climate Works Foundation. Ausgestattet mit einem Kapital von 500 Millionen US-Dollar, deklariert als Förderung des Klimaschutzes. Bereitgestellt von der Hewlett Foundation. Es wirkt wie die grün verpackte Version eines Ausspruches von Lenin. „Sie werden uns den Strick bezahlen, an dem wir sie hängen werden.“ Hängen muß niemand. Finanziell bluten müssen für die Pläne stiftungsfinanzierter Klimafanatiker aber heute viele.

Viele Lobby-Gelder kommen inzwischen aus den USA

Harvey war im gleichen Jahr auch an der Gründung der European Climate Foundation (ECF) in Den Haag beteiligt, die wiederum als Ableger seiner Climate Works Foundation, von der Hewlett Foundation sowie von der Mercator-Stiftung finanziell unterstützt wird.

Ein weiterer Förderer: die Children’s Investment Fund Foundation (CIFF) des britischen Milliardärs Christopher Hohn, die unter anderem die Aktivitäten der Klima-Endzeitsekte Extinction Rebellion fördert, die die parlamentarische Demokratie durch Gesellschaftsräte ersetzen möchte. Ein Vorgehen, das an die einstigen Arbeiter- und Soldatenräte während der deutschen Revolution 1918 erinnert.

Auch die Chefin von ECF ist keine Unbekannte. Denn die Ökonomin Laurence Tubiana war die französische Verhandlungsführerin bei der UN-Klimakonferenz in Paris im Jahre 2015, übte in dieser Rolle maßgeblichen Einfluß auf das dort zustande gekommene Klimaschutzabkommen aus, war zudem zwischen 1997 und 2002 Sonderberaterin des sozialistischen Premierministers Lionel Jospin und sitzt im Sachverständigenrat für nachhaltige Entwicklung der chinesischen Regierung.

Die ECF tritt als Förderer diverser Denkfabriken auf den Plan. Wie etwa der Deutschen Umwelthilfe oder der Agora Energiewende. Wo das Familien-Netzwerk von Patrick Graichen wieder ins Spiel kommt. Denn bevor ihn Robert Habeck zum Staatssekretär machte, war Graichen als Direktor der Agora Energiewende tätig. Die Denkfabrik gilt als maßgeblicher Impulsgeber für die künftigen De-facto-Verbote von Öl- und Gasheizungen in Deutschland, durch die unzähligen Deutschen das Abrutschen in die Armut und der Verlust ihres Eigenheims droht.

Graichens Förderer und Vorgänger im Amt des Agora-Direktors, Rainer Baake, wurde ebenfalls von Lorentz zur Stiftung Mercator gelotst. Baake war Staatssekretär unter den grünen Ministern Joschka Fischer und Jürgen Trittin, zählt zum linken Flügel der Öko-Partei. Unter anderem wirkte er zeitweilig als Chef der aufgrund ihrer Denunziationen in die Kritik geratenen Deutschen Umwelthilfe. Zudem leitet er als Direktor die Stiftung Klimaneutralität. Und trifft auch dort auf vertraute Bekannte. Der Vorsitzende des Stiftungsbeirates heißt Hal Harvey. Und als dessen Stellvertreter fungiert Baake-Förderer Bernhard Lorentz. Seilschaften, die weit über das Habeck-Ministerium und seine familiären Strukturen hinausreichen.