© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/23 / 28. April 2023

Blick in die Medien
Zwangsgebühren abgelehnt
Boris T. Kaiser

Der Regisseur Dietrich Brüggemann schreibt in der Zeit über „Zwangsgebühren“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR). Allein das ist schon ungewöhnlich. Anlaß war ein von ihm eingereichtes „Tatort“-Skript, mit dem obigen Titel. Mehr oder minder überrascht nimmt er auseinander, wieso kein ARD-Sender es haben wollte. Der erfolgreiche Filmemacher, darunter auch mehrere „Tatorte“, fragt sich warum? Könnte es an der Geschichte liegen, die im Stile eines Musicals zeigt, wie ein erboster Zuschauer einen ÖRR-Redakteur erschießt? Brüggemann fragt, „was so schlimm daran sein soll, wenn mal ein Fernsehredakteur dran glauben muß“; schließlich seien in 52 Jahren „Tatort“ Vertreter so ziemlich aller Berufsgruppen „dahingemetzelt“ worden. So what?!

Eine Armada von ÖRR-Amts- und Würdenträgern werden dem Zweifler ein Loblied auf den Staatsfunk singen. 

Was dem Drehbuchautor nicht bewußt zu sein scheint ist, daß beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine Normalsterblichen arbeiten. Deshalb können sie natürlich auch nicht einfach so ermordet werden wie jeder andere. Der ÖRR-Mensch hat einen inneren Eid darauf geschworen, alles dafür zu tun, um die Demokratie am Leben zu erhalten. Er ist für die Gesellschaft das, was für den einzelnen Bürger der Arzt ist. Also ein Halbgott in Weiß – nur eben in Farbe und bunt – und doppelt so göttlich! Brüggemann selbst vergleicht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinem Text mit der heiligen katholischen Kirche, deren höchster Wert inzwischen sie selbst sei. Damit greift er jedoch in blasphemischer Weise zu tief. Eine Armada von ÖRR-Amts- und Würdenträgern, die – wären sie nicht bei ARD oder ZDF – mit ihren bescheidenen Talenten überall die Letzten wären, werden dem Zweifler ein Loblied davon singen. Brüggemann war schon öfter der Häretiker. Als einer der Initiatoren der Aktion „#allesdichtmachen“ kritisierte er mit anderen Künstlern die Corona-Maßnahmen der Regierung und das Schweigen der Medien. Damit habe die Ablehnung seines Drehbuchs aber nichts zu tun. Schließlich habe er „mit Redaktionen, die hier abwinkten, durchaus andere Projekte in Arbeit“. Gnade ist also in den Tempeln des ÖRR kein generelles Fremdwort. Aber Mord geht zu weit.