© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/23 / 06. April 2023

Studien- und Arbeitsverbote für afghanische Frauen
Medizinstudium und Geopolitik
(ob)

Selbst die orthodoxesten Staaten der islamischen Welt, das sunnitische Saudi-Arabien und der schiitische Iran, verhängen keine gesetzlichen Studien- und Arbeitsverbote gegen Frauen. Darin unterscheiden sie sich vom Islamischen Emirat Afghanistan. Dort verwehrten die Taliban Anfang Dezember 2022 Mädchen die Zulassung zum Medizinstudium und verordneten per Dekret, Frauen dürften nicht mehr in medizinischen Berufen arbeiten. Diese „Frauendekrete“ wurden zwar Ende Januar aufgrund von Protesten der „Nach-Taliban-Generation“ abgemildert. So bleiben Studiengänge an der Kabuler Medizinischen Universität, wo auch weiterhin Krankenschwestern tätig sind, für Frauen geöffnet. Aber nur, weil diese Einrichtung nicht dem Hochschulminister, einem Taliban-Hardliner, sondern dem moderateren Gesundheitsminister untersteht. Für den Hamburger Islamwissenschaftler Marc Thörner hat sich die Lage dadurch nur wenig entspannt, denn es fehle bisher jede offizielle Erklärung, wie es für Frauen in der Medizin weitergeht (Blätter für deutsche und internationale Politik, 3/2023). Wahrscheinlich werde aber die internationale Erregung über die Frauendekrete bald abflauen, weil der Westens interessiert sei, das Kabuler Regime nicht allzu stark zu isolieren und damit dem Einfluß von China, Rußland oder dem Iran auszusetzen. 


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