© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/23 / 06. April 2023

Nicht kritiklos dem Kreml nachplappern
AfD im Bundestag: Nach Irritationen über Äußerungen zum Ukraine-Krieg und zur Bundeswehr hat die Fraktion ihre Haltung klargestellt
Werner Becker

Wer hätte gedacht, daß es in einer rechts der Mitte verorteten Partei einmal einer Klarstellung bedürfe, wie man zur eigenen Armee steht? Doch weil insbesondere im Gefolge des russischen Angriffs auf die Ukraine und der damit einhergehenden „Zeitenwende“ so manche alte Gewißheiten durcheinandergewirbelt zu sein scheinen, sorgte vergangene Woche ein Beschluß der AfD-Bundestagsfraktion durchaus für Aufsehen.  

Eine deutliche Mehrheit der anwesenden Abgeordneten stimmte für einen Antrag, in dem es unter anderem heißt: „Wir stehen fest an der Seite unserer Bundeswehr und setzen uns dafür ein, sie zu stärken.“ Die Initiative dazu geht offenbar zurück auf Debatten während der Klausurtagung der Verteidigungspolitiker der Fraktion. Zwei von ihnen tauchen als Antragsteller auf, Jan Nolte und Hannes Gnauck, die beide vor ihrer politischen Karriere als Portepeeunteroffiziere bei der Truppe dienten. Auch die beiden stellvertretenden Mitglieder im Verteidigungsausschuß, Peter Felser und Martin Hess, stehen auf dem Antrag. 

Zur Begründung heißt es im Vorspann dazu, „mediale Verdrehungen unserer Positionen zur Bundeswehr und dem Ukraine-Krieg“ hätten „zu Diskussionsbedarf in der Fraktion“ geführt. Mit dieser Formulierung haben die Antragsteller ihr Anliegen gewissermaßen entschärft und einen allzu konfrontativen Tonfall vermieden. Denn in Wirklichkeit, so ist es unter der Hand zu hören, ging es vielen in der Fraktion nicht um „mediale Verdrehungen“, sondern um tatsächliche Wortmeldungen vereinzelter AfD-Politiker, die einen gegen die Bundeswehr gerichteten Zungenschlag nicht verhehlten. Zudem gab es parteiintern zunehmend Kritik an öffentlichen Äußerungen von Parteifunktionären, die den Eindruck vermittelten, die AfD habe sich in dem Krieg einseitig auf die Seite Rußlands geschlagen.

Mit Blick auf den Ukraine-Krieg heißt es nun, daß die „westliche Politik die Eskalation“ zwar begünstigt habe, der „russische Angriff auf die Ukraine, der durch die Fehler westlicher Politik nicht zu rechtfertigen ist“, jedoch „klar zu verurteilen“ sei. Weiter heißt es in dem Antrag: „Die richtige Antwort auf die verkürzte und einseitige Darstellung des Ukraine-Krieges und seiner Hintergründe im deutschen Mainstream ist nicht eine kritiklose Übernahme russischer Positionen, sondern eine differenzierte Bewertung entlang deutscher Interessen.“

„Nicht verbündet   mit linken Pazifisten“

Berichten von Sitzungsteilnehmern zufolge war schon während der Debatte eine deutliche Mehrheit für den Antrag absehbar. Auch Fraktionschef Tino Chrupalla habe sich schließlich noch für die Annahme des Antrags ausgesprochen. Mehrere Kritiker der darin zum Ausdruck gebrachten Positionen sollen unterdessen schon vor der Abstimmung den Fraktionssaal verlassen haben.  

Zuvor hatte die Runde der Leiter der Arbeitskreise in der Fraktion beschlossen, einen Antrag zur Wiedereinführung der Wehrpflicht erneut auf die Tagesordnung zu setzen, der jüngst noch kurzfristig abgesetzt worden war (JF 10/23). Ein Antrag wiederum, damit erst bis nach einem Ende des Ukraine-Krieges zu warten, bekam keine Mehrheit.

Nolte, dessen Büro den Antrag federführend ausgearbeitet hatte, zeigte sich gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zufrieden mit dem Beschluß. „Auf der einen Seite gibt es eine befremdliche Kriegsbegeisterung und eine leidenschaftliche Feindschaft zu Rußland, während auf der anderen Seite mancher ‘Friedensaktivismus’ recht offensichtlich eine Mischung aus verkappter Parteinahme für Rußland und dem Bedienen antiamerikanischer Reflexe ist.“

Mit dem jetzt beschlossenen Antrag habe die AfD-Fraktion klargestellt, „daß sie sich nichts davon zu eigen macht und stattdessen eine differenzierte Haltung aus Sicht deutscher Interessen einnimmt“, betonte Nolte. Die Forderung nach einem Ende der Waffenlieferungen in die Ukraine mache die AfD nicht zu Verbündeten linker Pazifisten. „Wer ein Problem mit einem selbstbewußten und wehrfähigen Deutschland hat, der soll seine Fahnen, Transparente und Tröten gerne auch gegen die AfD richten. Wir stehen felsenfest an der Seite unserer Bundeswehr.“