© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/23 / 24. März 2023

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Bürgerschaft in Stralsund beschließt Gender-Verbot 

STRALSUND. Die Bürgerschaft der Hansestadt Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern hat beschlossen, daß städtische Einrichtungen und Betriebe bei der Beschreibung von Geschlechtern nicht auf Unterstriche, Doppelpunkte oder Sternchen zurückgreifen dürfen. Den Antrag hatte die AfD-Fraktion eingebracht. Ihm stimmten 21 Stadtverordnete zu. Neben den sechs eigenen Vertretern stimmten auch acht der „Bürger für Stralsund“ und 7 Mitglieder der gemeinsamen CDU/FDP-Fraktion zu. 17 Abgeordnete votierten dagegen. Im Antrag hieß es, das Verbot sogenannter „geschlechtergerechter Sprache“ müsse „den mündlichen wie schriftlichen Sprachgebrauch bestimmen“. Gendern verkompliziere die Sprache und grenze dadurch aus, so die Begründung. Die AfD stellt in der Bürgerschaft sechs Abgeordnete. Stärkste Fraktion ist die CDU/FDP mit elf Sitzen, gefolgt von Die Linke/SPD (neun), den Bürgern für Stralsund (acht) und Bündnis90/Die Grünen/Die Partei (sieben). Der AfD-Verordnete Jens Kühnel sagte der JUNGEN FREIHEIT: „Ich habe nicht damit gerechnet, daß die CDU in Stralsund den Mut besitzt, für einen guten AfD-Antrag zu stimmen. Das zeigt mir, daß hier in der CDU nicht alle hoffnungslos verloren sind. So muß Politik funktionieren. Wenn der Antrag gut ist, muß er auch getragen werden, egal welche demokratische Partei ihn gestellt hat.“ Zuletzt hatten im thüringischen Hildburghausen AfD und SPD gemeinsam das Abwahlverfahren gegen einen Bürgermeister der Linkspartei  durchgesetzt. Und im Thüringer Landtag beschlossen CDU, FDP und AfD eine Änderung des Spielhallengesetzes. (fh/ho)





FDP-Politiker: Mehrheiten zur Not auch mit der AfD 

ERFURT. Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich hat sich gegen den pauschalen Ausschluß der AfD in Parlamenten ausgesprochen. Das linke Lager sei eigentlich „froh“ darüber, daß die AfD in den Landtagen sitze, weil sie „mit ihrer Kommunikation immer so tun“ könne, als ob die Stimmen der AfD „nicht gelten würden“, sagte er in der Youtube-Sendung „Stimmt! Der Nachrichten-Talk“. Man dürfe sich von diesem Vorgehen „nicht ins Bockshorn jagen lassen“, betonte Kemmerich. Wichtig sei, daß es gute politische Ideen aus der politischen Mitte gebe. „Und wenn die dann eine Mehrheit finden trotz oder mit der AfD, dann ist die Mehrheit halt da.“ Der FDP-Politiker betonte mehrfach, es gebe „keine konzeptionelle Zusammenarbeit“ mit der AfD oder der Linkspartei. „Mit guten Ideen und Konzepten“ ließen sich auch Wähler der AfD für CDU oder FDP zurückgewinnen, zeigte sich Kemmerich überzeugt. Er sprach sich dabei auch gegen die Verteufelung von Minderheitsregierungen aus. Diese seien in vielen europäischen Ländern aus der Mitte der Gesellschaft heraus Normalität. Kemmerich war 2020 kurzzeitiger Ministerpräsident Thüringens, nachdem er sich in geheimer Wahl, mutmaßlich mit den Stimmen der AfD, gegen Bodo Ramelow (Linkspartei) durchsetzte. Daraufhin war es zu einer politischen Krise gekommen, in deren Verlauf die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte, die Wahl rückgängig zu machen. Kemmerich trat wenige Tage nach der Wahl zurück, nachdem Linksextremisten Anschläge auf seine Familie verübten und auch seine eigene Partei ihn fallengelassen hatte. Seitdem wird Thüringen von einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung geführt, die von der Duldung der CDU abhängig ist. (ho)