© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/23 / 10. Februar 2023

Bestrafe einen, erziehe Hundert
„Affäre Hans-Georg Maaßen“: Bleibt der Bundesvorstand seiner angekündigten Linie treu, leitet er am Montag den Ausschluß aus der CDU ein
Henning Hoffgaard

Setzt die CDU-Spitze ihre Drohkulisse in die Tat um, dann muß der Bundesvorstand am Montag einen Ausschlußantrag gegen das prominente Parteimitglied Hans-Georg Maaßen, den ehemaligen Präsidenten des Bunsdesamtes für Verfassungsschutz, stellen. Vorgeworfen wird ihm parteischädigendes Verhalten. Mit seiner Kritik an der „Critical Whiteness“-Theorie, die Weiße grundsätzlich als Rassisten betrachtet, habe Maaßen der CDU geschadet. Auch daß er einen Rassismus gegen Deutsche kritisiert, empört große Teile der CDU-Funktionäre. 

Das Ultimatum, mit einem Austritt dem Ausschlußverfahren zuvorzukommen, hatte Maaßen verstreichen lassen. Im Statut der CDU heißt es: „Ein Mitglied kann nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung der Partei oder erheblich gegen deren Grundsätze oder Ordnung verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt.“ Das zu beurteilen obliegt dann dem zustündigen Parteigericht. Parteischädigend, so heißt es in der Satzung, verhalte sich insbesondere, wer zugleich einer anderen Partei oder anderen politischen, mit der CDU konkurrierenden Gruppe angehört, in Versammlungen politischer Gegner oder deren Presseorganen gegen die erklärte Politik der Union Stellung nehme, Vertrauliches aus der Partei veröffentlicht oder an politische Gegner verrät, oder „Vermögen, das der Partei gehört oder zur Verfügung steht, veruntreut“. Entsprechende Nachweise dürften im Fall Maaßen schwer zu erbringen sein. 

Ausgerechnet einer der Stellvertreter von CDU-Chef Friedrich Merz, Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, hat Zweifel an solchen Sanktionen geäußert: „Ich bin nicht der Meinung, daß man Leute von heute auf morgen ausschließen muß“, sagte er der Sächsischen Zeitung. „Dadurch, daß er ausgeschlossen ist, ändert sich seine Meinung nicht. Und ich finde, miteinander einen Diskurs zu führen und deutlich zu machen – das ist nicht die Meinung der Union, dafür steht sie nicht – ist viel wertvoller.“

Allerdings frage er sich, was Maaßen noch in der CDU wolle. „Er läßt ja auch keine Gelegenheit aus, um deutlich zu machen, daß er mit dem, was uns hier verbindet, was wir gemeinsam erreichen wollen, nichts zu tun hat“, warf Kretschmer dem Vorsitzenden der Werte-Union vor. Es gebe nichts, „was ich wertvoll finde an seinen Debattenbeiträgen“.

Über 30.000 unterstützen Petition gegen den Ausschluß

Kritik am Vorgehen der Parteispitze kam auch vom Thüringer CDU-Landesvorstandsmitglied Erik Beiersdorfer: „Gerade im Osten wird diese Vorgehensweise kritisch gesehen. Viele Wähler und Mitglieder reagieren auf diese Art und Weise aufgrund ihrer Erfahrungen aus längst überwundenen Zeiten der SED-Diktatur sensibel.“ Wer Mitglieder öffentlich diffamiere und bloßstelle und diesen „damit willentlich Schaden zufügt“, dürfe sich nicht wundern, „wenn andere Mitglieder dieses perfide Spiel nicht mitmachen und sich von der CDU abwenden“. Beiersdorfer, der auch Kreisvorsitzender der Jungen Union Hildburghausen ist, erklärte, daß er sehr enttäuscht von der Bundespartei sei, „weil sie über ihre geplante Vorgehensweise bisher ausschließlich mit den Medien gesprochen hat“. „Alleine schon aus Anstand und Respekt gegenüber der jahrzehntelangen Mitgliedschaft eines ehemaligen Spitzenbeamten der Bundesrepublik Deutschland hätte die Bundes-CDU“ zuerst direkt mit Maaßen sprechen müssen.

Unterdessen hat die Petition der JUNGEN FREIHEIT unter dem Titel „Solidarität für Hans-Georg Maaßen – Nein zum CDU-Ausschluß“ innerhalb von zwei Tagen die Marke von 30.000 Unterzeichnern geknackt. JF-Chefredakteur Dieter Stein als Initiator der Petition gab sich überwältigt vom Echo: „Mit einem so rasanten Zuspruch haben wir nicht gerechnet. Doch viele – nicht nur CDU-Mitglieder – sehen, daß es im Fall Maaßen nicht nur um ihn selbst geht. Sondern es geht um den Umgang mit abweichenden Meinungen und besonders Konservativen gesamtgesellschaftlich – nicht nur in der CDU.“