© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/23 / 27. Januar 2023

Der ersehnte Prädikatswechsel
Die Gründung Westpreußens und ein neuer Königstitel 1773
Matthias Bäkermann

Ein kleines Namensprädikat war von entscheidender Bedeutung. Dieses ließ Preußenherrscher Friedrich II. vor 250 Jahren, am 31. Januar 1773, in einer Kabinettsorder an einen seiner bedeutendsten Verwaltungsbeamten, den Präsidenten der Gumbinner Kriegs- und Domänenkammer Johann Friedrich Domhardt, kurzerhand ändern. Von nun an nannte sich Friedrich ganz offiziell „König von Preußen“ statt wie bisher „König in Preußen“. 

Diese kleine Abwandelung hatte der Preußenkönig keineswegs leichtfertig vorgenommen, sondern sie mußte vor einer Vielzahl historischer Rechtsakte Bestand haben, die teilweise bis ins Mittelalter zurückreichten und Vertragswerke von verschiedensten Orten Europas tangierten. Das wohl älteste Privileg sollte der bis in die Ottonenzeit zurückreichende Königstitel des „Rex Romanorum“ sein. In der „Goldenen Bulle“, dem 1356 in Nürnberg und Metz definierten „Grundgesetz“ des Heiligen Römischen Reiches, wurde dann nochmals bestätigt, daß innerhalb seiner Grenzen der Königstitel nur dem Kaiser sowie als einzigem Kurfürsten dem König von Böhmen vorbehalten war, also seit dem 16. Jahrhundert in beiden Fällen auf das Haus Habsburg beschränkt blieb.

Polnische Teilung ermöglichte 1772 eine Statusänderung

Friedrichs Großvater, Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, konnte dann am 15. November 1700 dem voll auf die spanische Erbfolge konzentrierten Habsburger Kaiser Leopold I. im „preußischen Kontrakt“ die Königswürde abtrotzen. Die Krönung sollte aber außerhalb der Reichsgrenzen stattfinden, und der Titel durfte auch nicht auf die zum Reich gehörige Mark Brandenburg, sondern nur auf das exterritoriale Herzogtum Preußen bezogen werden. Dieser ferne Landesteil, seit 1618 von den Hohenzollern aus Berlin regiert, war jedoch seit dem Thorner Frieden von 1466 in das polnische „Preußen Königlichen Anteils“ und eben das Herzogtum geteilt. Deshalb konnte sich der nunmehr Friedrich I. nennende Preußenherrscher am 18. Januar 1701 im Königsberger Schloß auch nur zum „König in Preußen“ krönen lassen, um nicht die zuletzt vom Großen Kurfürsten im Vertrag von Bromberg 1657 bestätigten Rechte des polnischen Königs in dessen „Anteil“ Preußens zu verletzen.

Das wurde jedoch durch die im August 1772 in Sankt Petersburg besiegelte Erste Polnische Teilung zur Makulatur. Schon in seinem Politischen Testament von 1752 hatte Friedrich II. über einen Erwerb Polnisch-Preußens spekuliert, um endlich eine Landbrücke von der Elbe bis zur Memel zu erhalten. Sofort ordnete er an, daß das hinzugewonnene Ermland unter Königsberger Verwaltung des nun „Ostpreußen“ genannten Landesteils gelangen sollte, die vormals herzoglich-preußischen Ämter Marienwerder, Riesenburg und Deutsch-Eylau aber zusammen mit den neuen Gebieten Elbing, Marienburg, Kulmerland und Pommerellen ab jetzt „Westpreußen“ heißen sollten. Zusammen bildeten diese Provinzen das souveräne „Königreich Preußen“, das der Alte Fritz noch 13 Jahre bis zu seinem Tod 1786 regieren sollte – als „König von Preußen“.