© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/18 / 14. Dezember 2018

Blick in die Medien
Politisch eingreifen
Ronald Berthold

Der Druck, bei ARD und ZDF Hofberichterstattung zu leisten, ist groß. Wie groß, das macht zwei Jahre nach einem Interview mit dem Psychiater Hans-Joachim Maaz die frühere MDR-Journalistin Katrin Huß nun im Gespräch auf dem Online-Kanal NuoViso.TV öffentlich. Sie hatte Maaz aussprechen lassen, als dieser die Flüchtlingspolitik kritisierte. Das wurde ihr zum Verhängnis, sie mußte zum Rapport beim Chefredakteur. Da fiel der entscheidende Satz: „Du bist verantwortlich für das, was die Gäste auf Sendung sagen, und du hast politisch einzugreifen im Sinne des MDR.“

Schließlich fragte sie sich: „Ist das der Journalismus, den du machen möchtest?“

Der Fauxpas, daß ein Experte tatsächlich eine vom Merkel-Fernsehen abweichende Meinung äußern durfte, hatte Folgen. Maaz hatte über die Flüchtlingskrise gesagt: „Wer auch nur irgendein kritisches Wort sagt, wird sofort als ‘rechtsextrem’ oder ‘populistisch’ eingeordnet. Eine wirkliche Kritik wird überhaupt nicht mehr zugelassen.“ Wie recht er damit hatte, zeigte sich auch im nachhinein.

Die Zuschauer waren zwar begeistert, verrät Katrin Huß heute: „‚Endlich sagt mal jemand die Wahrheit!’“ Der Zuspruch des Publikums half der Journalistin jedoch nicht. Schon am nächsten Tag entwickelte sich die Redaktionskonferenz zum Standgericht. Fünf Kollegen hätten sie „befeuert“: „‘Wie kannst du den Mann so reden lassen?‘“ Die anderen 35 hätten lediglich betreten geschwiegen. Nach 20 Minuten habe sie dann geantwortet: „Leute, ich bin Journalistin, ich bin kein Meinungsmacher.“ Sie müsse „neutral“ sein. Eben nicht – jedenfalls nicht beim Staatsfunk. Das alte SED-Lied kam ihr in den Sinn: „Die Partei, die Partei hat immer recht.“ Schließlich habe sie sich gefragt: „Ist das der Journalismus, den du machen möchtest?“ Ein halbes Jahr später hat Katrin Huß gekündigt. Ihre Geschichte wirft die Frage auf, wie viele Mitarbeiter bei den Öffentlich-Rechtlichen deren Vorgehensweise nur noch mit der Faust in der Tasche mittragen.