© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/18 / 23. November 2018

„Zahnloser Tiger“
Meinungsfreiheit: Die Justizminster der Bundesländer fordern eine Verschärfung des NetzDG
Gil Barkei

Die bisherige umstrittene Löschpraxis bei Facebook und Co. reicht den Justizministern der Bundesländer nicht aus. Auf der Justizministerkonferenz am Donnerstag vergangener Woche forderten sie in einer eingebrachten Beschlußvorlage, das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zu verschärfen. So sollen die Nutzer ihre Beschwerden einfacher und „im unmittelbaren Zusammenhang mit angezeigten Beiträgen“ einreichen können. Zudem sollen „inhaltsleere Antworten auf Anfragen der Strafverfolgungsbehörden“ künftig mit Geldbußen von bis zu einer halben Million Euro geahndet werden können. Das Gesetz habe sich in der Praxis in einigen Bereichen als „zahnloser Tiger“ entpuppt, bemängelte Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) im Vorfeld der Konferenz gegenüber dem Handelsblatt. Die sozialen Netzwerke würden ihre Beschwerdeformulare „so verstecken, daß keiner sie findet“.

„Die Länder haben ihre Punkte vorgelegt. Das BMJV prüft diese nun“, sagte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums der JF. Zudem werde das NetzDG bis Ende 2020 evaluiert. 

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich vor einer zweitägigen Digitalisierungstagung vergangene Woche für eine Evaluierung aus, die ihrer Aussage nach bereits laufe. Das NetzDG sei „ein erster Schritt“, betonte sie im Interview mit t-online.de. Man dürfe „nicht denen recht geben, die im Internet einen Raum sehen, in dem die Regeln aus der analogen Welt nicht mehr gelten“. Die Betreiber der Plattformen hätten eine „große Verantwortung“ und müßten sie „auch übernehmen“. Andererseits dürfe die Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt werden – dies gelte es abzuwägen.

Die AfD lehnt den Vorstoß der Länder ab. „Das unsägliche NetzDG aus der Feder von Meinungskommissar Heiko Maas sollte nicht verschärft, sondern ersatzlos abgeschafft werden“, kritisierte  die AfD-Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Obfrau im Ausschuß Digitale Agenda, Joana Cotar.