© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

Aufatmen der US-Wirtschaft nach den Zwischenwahlen
Weiter so gegen China
Thomas kirchner

Nach acht Jahren haben die US-Demokraten wieder eine Mehrheit im Repräsentantenhaus erlangt. „Zusammenarbeit statt Konfrontation“ lautet dennoch das Motto, das Fraktionschefin Nancy Pelosi zur Enttäuschung ihrer Parteibasis ausgegeben hat. Der zukünftige Chef des Geheimdienstausschusses, Adam Schiff, will kompromißlos gegen Donald Trump vorgehen. Wer von beiden sich durchsetzt, wird die Richtung von Wirtschaft und Börse bestimmen – bis der Vorwahlkampf für die Präsidentschaftswahl 2020 beginnt.

Sollte Schiff ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten einleiten, dürfte die Börse um 15 Prozent einbrechen – wie 1998 beim Impeachment gegen Bill Clinton. Behält Pelosi die Oberhand, dürften Demokraten und Republikaner sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen: höhere Ausgaben, Ausbau der Infrastruktur und Reform der Krankenversicherung.

Trump könnte eine Steuerentlastung der Mittelschicht unterstützen, sollten die Demokraten diese vorschlagen. Mit der Deregulierung dürfte es hingegen vorbei sein. Hatte Barack Obama in seinen ersten zwei Amtsjahren 245 Milliarden Dollar an Kosten für neue Vorschriften verursacht, konnte Trump zum ersten Mal seit Jahrzehnten diese Kosten um bisher 23 Milliarden Dollar senken. Ein erneuter Eintritt der USA in das Pariser Klimaabkommen würde hingegen die Initiative des Präsidenten erfordern, nicht des Kongresses.

In der Handelspolitik ist mit keinem Entgegenkommen zu rechnen, sie ist ein Vorrecht der Exekutive. Es ist zudem Trumps Verdienst, Chinas dubiose Handelspraktiken auf die Tagesordnung gesetzt zu haben. Die US-Demokraten hatten dieses Thema verschlafen, und sie sind inzwischen still und leise auf Trumps chinakritische Linie eingeschwenkt. Sie wollen sich nicht dem Vorwurf aussetzen, die von Trump geretteten Arbeitsplätze gleich wieder nach China zu exportieren. Als nationaler Konsens wird der Handelsstreit andauern und an Intensität zunehmen.

Im Gegensatz dazu stehen die Chancen auf eine Einigung mit der EU gut. Zum einen sind die Differenzen vergleichsweise gering, zum anderen braucht Trump die Unterstützung Brüssels, um China in Handelsfragen zu isolieren. Nur der Zeitpunkt der Einigung mit der EU ist unklar, denn eine Personalie könnte alles verzögern: Handelsminister Wilbur Ross steht auf der Abschußliste. Der 80jährige hat in der Privatwirtschaft viel Verhandlungsgeschick bei der Wiederbelebung bankrotter Unternehmen bewiesen, scheiterte aber mit der Übertragung dieser Künste auf das glatte Parkett der globalen Handelsdiplomatie.

In Washington ist nun also bis 2020 eher politischer Stillstand angesagt. Für die Börse ist das immerhin besser als interventionistische Gesetze – zumindest solange das politische Risiko einer Amtsenthebung von Donald Trump gebannt bleibt.