© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

Ein Gefährder bringt sich blutig in Erinnerung
Australien: Der lange Schatten des IS-Terrors / Messerattentat in Melbourne erschüttert die Nation / Polizei kannte den Tater
Michael Link

Zum zweiten Mal innerhalb von elf Monaten wurde vergangenen Freitag die australische Metropole Melbourne Ziel eines Anschlags. Ein in Somalia geborener Mann tötete in der Innenstadt mit einem Messer einen 74jährigen Mann und verletzte zwei weitere Menschen. Der 31jährige Attentäter Hassan Khalif Shire Ali wurde kurz danach von der Polizei von Melbourne angeschossen und erlag wenige Stunden später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Ali war in einem mit Gasflaschen beladenen Kleinlaster in ein Einkaufsviertel in der Innenstadt gefahren und dort mit einem Messer auf Passanten losgegangen. Ein Zeuge sagte, der Fahrer sei aus dem Auto gestiegen und habe „etwas wie eine Bombe“ in das Fahrzeug geworfen, welches sogleich in Flammen aufging. Dann habe der Mann offenbar wahllos auf Menschen auf der Straße eingestochen. Als die Polizei am Tatort eintraf, stürmte Ali zum Polizeifahrzeug und schlug einen der Polizisten durch das Autofenster, ehe er selbst durch Schüsse gestoppt wurde. Unmittelbar nach der Tat wurde die Gegend rund um das ausgebrannte Auto weiträumig abgesperrt. Die Polizei forderte die Bevölkerung auf, den Bereich der Innenstadt zu meiden.

Noch am selben Tag reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Messerangriff für sich. In einer von dem IS-Propaganda-Sprachrohr Amaq verbreiteten Erklärung hieß es, der Täter sei ein IS-Kämpfer gewesen und habe auf Staatsbürger der gegen den IS kämpfenden Länder gezielt. Die Miliz lieferte keine Belege für eine Verbindung des Täters zum IS. 

Bruder des Täters muß sich vor Gericht verantworten 

Nach Angaben der australischen Polizei hatte allerdings die Terrormiliz Ali zu dessen Tat angeregt. Wie die Behörden mitteilten, konnte Ali zwar kein direkter Kontakt zu den Terroristen nachgewiesen werden. Dennoch gehen sie von einem terroristischen Hintergrund der Bluttat aus. „Nach dem, was wir über diese Person wissen, behandeln wir dies als Terroranschlag“, erklärte ein Polizeisprecher. Ali sei den australischen Bundesbehörden und der Polizei des Bundesstaates Victoria bereits vor dem Anschlag bekannt gewesen.

Schon seit drei Jahren sei der Täter, der als Kind in den späten achtziger Jahren mit seiner Familie aus Somalia nach Australien geflohen war, vom Geheimdienst als extremistischer Gefährder eingestuft worden. Dies teilte die Polizei mit. Alis australischer Paß war ihm demnach 2015 entzogen worden, da seine Ausreise nach Syrien  befürchtet wurde, um sich dem Islamischen Staat anzuschließen.

Auch Alis Bruder steht unter Terrorverdacht und muß sich bald vor Gericht verantworten. Dieser soll im Vorjahr versucht haben, sich eine Waffe zu kaufen, um bei einer Silvesterfeier auf einem Platz in Melbourne zahlreiche Menschen zu töten.

Bereits Ende 2017 war Melbourne Ziel eines Anschlages. Am 21. Dezember war der aus Afghanistan stammende Saeed Noori mit seinem SUV und einer Geschwindigkeit von ungefähr 50 Stundenkilometern auf einen belebten Fußgängerüberweg gefahren. Eine Person wurde getötet und siebzehn weitere zum Teil schwer verletzt. Nach Angaben von Zeugen und der Polizei ignorierte Noori eine rote Ampel und erhöhte parallel die Geschwindigkeit. Einen Terroranschlag schloß Polizeisprecher Shane Patton aus, man habe  „überhaupt nichts gefunden“, was darauf schließen lasse, daß Noori mit irgendeiner Art von Extremismus oder einer terroristischen Organisation“ in Verbindung stehe.