© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/18 / 16. November 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Gold und Silber lieb ich sehr
Paul Rosen

Für den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder war es noch das Ministerium für „Familie und das ganze Gedöns“. Das ist eineinhalb Jahrzehnte her, und Gesetze in Deutschland hatten noch nicht propagandistische Titel wie das „Gute-Kita-Gesetz“. Der soll den Leuten suggerieren, Regierungshandeln sei per se etwas Gutes, obwohl das bei Politikern, die nicht einmal einen Flughafen bauen lassen können, doch stark zu bezweifeln ist. 

Am liebsten geben Politiker Geld aus – natürlich das der Steuerzahler. Daß nicht zuviel Geld aus dem Fenster geworfen wird, darauf achtete früher der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages. Legendär waren Mitglieder wie Rudi Walther (SPD), Adolf Roth (CDU) und besonders Dietrich Austermann (CDU), die Minister in Serie zur Verzweiflung brachten, wenn sie im Haushaltsausschuß um mehr Geld oder ein paar zusätzliche Stellen bettelten. 

Stellenkürzungen waren damals noch gang und gäbe, „kw-Vermerke“ flogen wie Geschosse durch den Ausschuß. „kw“ heißt künftig wegfallend, und das bedeutet für eine Stelle in der Verwaltung, daß diese nach dem Ausscheiden des Stelleninhabers endgültig gestrichen wird. Das Budgetrecht des Parlaments hatte seinerzeit noch einen höheren Stellenwert, und im Haushaltsausschuß kannte man noch das Wort Sparsamkeit, auch wenn die stets in letzter Sekunde in der Bereinigungssitzung vorgenommenen Erhöhungen für Parteistiftungen und Bundestagsfraktionen das Bild trübten. 

Heute wird der Regierungsapparat aufgebläht, daß selbst die altgedienten Haushälter nicht mehr aus dem Staunen herauskommen würden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ließ sich für sein „Vizekanzleramt“ im Finanzministerium ebenso neue Stellen schaffen wie Innenminister Horst Seehofer (CSU) für seine Heimatabteilung im Innenministerium. Aus dem vollen schöpfen kann jetzt auch Familienministerin Franziska Giffey (SPD). Ihrem Ministerium sollten zunächst 15 neue Stellen zukommen. 

Doch in der Bereinigungssitzung, wie die letzte Sitzung des Haushaltsausschusses vor der Schlußberatung des Etats im Bundestag heißt, schoben ihr die Koalitionäre weitere 104 Stellen zu. Das ist insofern erstaunlich, als daß das Familienministerium bisher gerade einmal 639 Stellen hatte. Wie im Geldausgaberausch billigten die Haushälter der Koalition Giffey unter anderem vier Referatsleiterstellen sowie 38 Stellen für „strategische Planung und Konzeptentwicklung“ zu. Konkretere Beschreibungen, was geplant und welche Konzepte entwickelt werden sollen, gab es nicht. Spötter meinen, hier werde die SPD ihr Personal aus der Bundesgeschäftsstelle einquartieren, wenn die Parteizentrale wegen der schlechten Wahlergebnisse und somit sinkender Staatszuschüsse personell abgespeckt werden müsse. 

Insgesamt beschloß der Haushaltsausschuß 400 neue Stellen in den Ministerien und rund 2.500 in nachgeordneten Behörden (Zoll, Bundespolizei usw.). Letztlich bestätigt sich damit wieder das Gesetz des britischen Soziologen C. Northcote Parkinson von der ewig wachsenden Verwaltung.