© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/18 / 19. Oktober 2018

Im Herzen ein linksliberaler Grüner
Südtirol vor Landtagswahl: Ministerpräsident Kompatscher räumt Fehler ein, sieht das Land aber auf gutem Weg / Freiheitliche kritisieren dessen Merkel-Politik
Martin Feichter

Dann platzte dem Vorsitzenden der konservativ-liberalen Südtiroler Volkspartei (SVP) Philipp Achammer kurz vor der Parlamentswahl am 21. Oktober doch der Kragen. Mit „Reinhard, das ist zuviel“, soll er den SVP-Landtagskandidaten Reinhard Zublasing laut der Neuen Südtiroler Tageszeitung zurechtgewiesen haben, nachdem dieser in einem Radio-Werbespot arbeits- und integrationsunwillige Migranten als „Parasiten“ bezeichnet hatte. 

Für die SVP ist es bislang der einzige große Aufreger im Wahlkampf. Im Oktober 2013 kämpften die Liberalkonservativen noch mit härteren Bandagen, schürten Ängste mit dem Slogan „Autonomie in Gefahr“. Zusammenhalten, Volkspartei wählen, so der Tenor, der potentielle Wähler dazu hätte bringen  sollen, das Edelweiß-Logo auf dem Stimmzettel anzukreuzen.

„Wir hatten handfeste Probleme, auch weil Rom unseren Landeshaushalt angegriffen hat, uns Mittel entzogen hat und weil auch die Autonomie in der nationalen Kritik stand“, blickt Landeshauptmann (Ministerpräsident) Arno Kompatscher zurück.

SVP kämpft gegen weiteren  Bedeutungsverlust

 Doch verfehlte die Partei ihr Ziel, verlor nach über 60 Jahren zum ersten Mal die absolute Mehrheit. Fünf Jahre später will die SVP nun mit Stabilität und Stärke punkten. Bereits Monate vor der Wahl startete sie eine Imagekampagne unter dem Titel „Südtirol steht gut da“. Man wollte den Wählern in Erinnerung rufen, was in den vergangenen Jahrzehnten unter der Volkspartei erreicht wurde: Vollbeschäftigung, Wohnungsbau, Bildung.

Der Landeshauptmann selbst gibt sich im Wahlkampf gewohnt weltmännisch. Er wirbt mit dem Slogan „Vorausgehen“, zeigt sich in den sozialen Medien volksnah und gewährt  in Werbespots Einblick in seinen Alltag. So wie die Partei, will auch Kompatscher mit Stabilität bestechen: „Es ist gelungen, die Autonomie besser abzusichern. Es ist gelungen, auch den Haushalt wiederherzustellen, und wir haben somit jetzt Planungssicherheit für die Zukunft gewonnen“. 

Gleichzeitig gesteht er auch Fehler ein. Zum Beispiel die Art und Weise, wie die Volkspartei die Gesundheitsreform angegangen sei. „Hier hätte man einiges besser machen können“, räumt er ein. Auch sei die Zusammenführung mehrerer Betriebe in einen einzigen Landesbetrieb (IDM) nicht reibungslos verlaufen und hätte einer deutlichen  Nachbesserung bedurft. Wichtig sei es laut Kompatscher aber, Fehler zu erkennen und diese zu korrigieren. 

Südtirols Freiheitliche (JF 35/18) können der Regierung Kompatscher wenig Gutes abgewinnen. „Unter Kompatscher gab es eine ganze Reihe  krasser Fehlentscheidungen“, sagt der freiheitliche Generalsekretär Florian von Ach der JF. Laut von Ach sind diese Fehler darauf zurückzuführen, daß Kompatscher „im Grunde seines Herzens ein linksliberaler Grüner“ sei. „Die am berüchtigten Merkel-Diktum ‘Wir schaffen das’ ausgerichtete Zuwanderungspolitik, die nur das offene Scheunentor kennt, ist ganz klar dieser Grundausrichtung geschuldet“, ist von Ach überzeugt. 

Grüne fürchten um bürgerliche Reputation  

Schwere Fehler kreidet die größte Oppositionspartei dem Landeshauptmann auch in der Gesundheitspolitik an. So seien die ländlichen, meist deutsch geführten Krankenhäuser zugunsten des italienischen Zentralkrankenhauses in Bozen ausgehungert worden, um den italienischen Koalitionspartner Partito Democratico (PD) mit Posten zu versorgen, so der Vorwurf. „Wir Freiheitliche stehen für eine konsequente Zuwanderungspolitik, für ein klares Bekenntnis zum Deutschtum und für eine selbstbestimmte Zukunft unserer Heimat ohne Rom“, sagt von Ach. 

In eine andere Kerbe schlagen die Grünen. Sie fordern gemischtsprachige Schulen und ein soziales Grundeinkommen. Mit dem Ausscheiden von Hans Heiss geht der Partei ein Urgestein verloren. Stimmverluste aus dem bürgerlichen Lager werden befürchtet. „Wir sind imstande uns personell zu erneuern“, beschwichtigt Grünen-Frontfrau Brigitte Foppa gegenüber Rai Südtirol. 

In der Market-Umfrage von August gehören die Grünen mit einem Mandat minus zu den Verlierern, genauso wie der PD (minus 1) und die SVP (minus 2). Eine Koalition zwischen SVP und Grünen oder SVP und PD wäre damit ausgeschlossen. Während die Freiheitlichen und die 5-Sterne-Bewegung ihr Ergebnis halten, können Südtiroler Freiheit (plus 1) und Lega (plus 2) Gewinne verbuchen.